Zürcher Ehepaar vor GerichtJunge Frauen als «Haussklavinnen» gehalten und in Käfig gesteckt
sda/loe
10.9.2024
Ein Zürcher Ehepaar steht in Andelfingen ZH nächste Woche vor Gericht. Sie sollen eine Brasilianerin und eine Filipina als «Haussklavinnen» gehalten haben. Ihnen wird Menschenhandel und Freiheitsberaubung vorgeworfen.
sda/loe
10.09.2024, 15:34
10.09.2024, 16:39
Lea Oetiker
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Ein Zürcher Ehepaar steht nächste Woche vor Gericht.
Sie werden beschuldigt, zwei junge Frauen als «Haussklavinnen» gehalten zu haben.
Übers Internet rekrutierte er junge Frauen und versprach ihnen eine Ausbildung und eine Aufenthaltsbewilligung.
Ein Zürcher Ehepaar steht nächste Woche vor Gericht. Sie werden beschuldigt, zwei junge Frauen als «Haussklavinnen» gehalten zu haben. Die Anklage wirft dem Paar vor, die Opfer unter menschenunwürdigen Bedingungen festgehalten und ausgebeutet zu haben.
Aus der Anklageschrift geht hervor: Der 46-jährige Schweizer aus der Region Winterthur hat ausgeprägte sadistische Neigungen. Einvernehmliche Sado-Maso-Rollenspiele mit BDSM-Skalvvinen reichen ihm nicht. Er wollte Frauen vollständig kontrollieren, fesseln und gegen ihren Willen in einem Käfig einschliessen.
Er versprach ihr eine Ausbildung, die Schule existierte jedoch gar nicht
Übers Internet versprach er junge Frauen aus dem Ausland eine Ausbildung und eine Aufenthaltsbewilligung. Eine Filippina (22) und Brasilianerin (30) schaffte er in sein Haus zu locken. Seine 32-jährige Ehefrau, ebenfalls eine Filippina, half ihm dabei.
Die 22-Jährige war die erste «Haussklavin». Vom Juli 2018 bis April 2019 war sie im Haus eingeschlossen. Der Beschuldigte machte ihr vor, dass er ihr eine Aufenthaltsbewilligung organisieren können. Zudem könne sie eine Ausbildung an der «International Maids School» absolvieren. Diese Schule existiert jedoch nicht.
Flucht nach zehn Monaten
Sechs Tage die Woche und rund um die Uhr musste die junge Frau für das Ehepaar arbeiten. Dafür erhielt sie lediglich 800 Franken im Monat. In ihrer «Freizeit» sperrte der Mann sie in einen fensterlosen Käfig ein, der lediglich zwei Quadratmeter Grundfläche hatte und konstant von einer Kamera überwacht wurde. Metallstäbe dienten als Türe. Ein Eimer diente als Toilette.
Damit aber noch nicht genug: Die junge Frau wurde täglich mit Hand- und Fussfesseln gefesselt. Zudem musste sie auch ein Lederhalsband tragen, das mit den Fesseln verbunden war. Somit konnte sie sich kaum bewegen. Gemäss Anklage sagte er ihr, dass die Vorgaben der Schule seien.
Auch «Prüfungen» führte er mit ihr durch. Schnitt sie schlecht ab, wurde sie bestraft. Mit Fesselungen oder dem Tragen von eng anliegenden Handschuhen. Machte sie etwas gut, wurde sie belohnt. Mit einem Restaurantbesuch oder einem Ausflug in den Zoo. Nach zehn Monaten konnte die junge Frau schliesslich flüchten.
Mit einem Tarnnamen rekrutierte er die jungen Frauen
Im Jahr 2019 rekrutierte der IT-Projektleiter erneut eine junge Frau. Diesmal eine 30-jährige Brasilianerin, die in die Schweiz kam, um Deutsch zu lernen. Er versprach ihr gemäss Staatsanwaltscht «Deutschunterricht auf höchstem Niveau».
Im Netz nannte er sich «Gustav Wohlenweber», ein Tarnname. Der Brasilianerin schickte er Fotos von einem schönen Einfamilienhaus mit Pool. Der Horror begann für sie Ende Juni und endete Mitte Juli 2019. Sie wurde von der Polizei befreit, als die Philippina, die zuvor eingesperrt war, eine Anzeige bei der Polizei gemacht hat.
Nächste Woche beginnt der Prozess
Am 17. und 18. September muss sich das Paar vor dem Bezirksgericht Andelfingen verantworten. Ihnen wird mehrfache Freiheitsberaubung, Menschenhandel zwecks Ausbeutung der Arbeitskraft, Urkundenfälschung und weitere arbeits- und ausländerrechtliche Delikte vorgeworfen.
Erhebt das Gericht den Vorschlag der Staatsanwaltschaft zum Urteil, erhält der Mann eine teilbedingte Freiheitsstrafe von 36 Monaten. Wobei er nur 9 Monate absitzen soll. Weil «Gustav Wohlenweber» bereits fünf Monate in Untersuchungshaft sass, muss er voraussichtlich nur noch vier Monate hinter Gitter.
Dazu kommt eine amublante Therapie. Den beiden Opfern zahlte der «Hausherr» bereits insgesamt 16'000 Franken als Genugtuung. Ebenfalls vor Gericht steht kommende Woche seine Ehefrau, die für die Überwachung der «Sklavinnen» zuständig war.
Sie soll wegen mehrfacher Gehilfenschaft zur Freiheitsberaubung mit einer bedingten Freiheitsstrafe von 10 Monaten bestraft werden. Dazu soll die Philippina für 5 Jahre des Landes verwiesen werden. Das Bezirksgericht wird das Urteil am 18. September eröffnen.