Rentenalter 65 für Frauen«Junge Frauen sollten die positiven Seiten stärker gewichten»
Von Lukas Meyer
10.6.2021
Was halten Zürcherinnen von Rentenalter 65?
Auch der Nationalrat will Rentenalter 65 für Frauen – sagt nicht das Volk noch nein, dürfte das höhere Rentenalter also kommen. Doch was halten die davon, die es betrifft? Wir haben auf den Strassen Zürichs nachgefragt.
10.06.2021
Das Parlament will das Rentenalter für Frauen auf 65 Jahre erhöhen. Das sei ein wichtiger erster Reformschritt und biete gerade für junge Frauen auch Chancen, finden Experten.
Von Lukas Meyer
10.06.2021, 17:24
10.06.2021, 17:26
Lukas Meyer
Noch ist nicht alles klar. National- und Ständerat haben in den vergangenen Tagen intensiv über die Reform der Altersvorsorge debattiert und eine wichtige Grundsatzentscheidung gefällt: Das Rentenalter für Frauen soll von 64 auf 65 Jahre steigen. Das wird mit einer Vorlage zur Erhöhung der Mehrwertsteuer verknüpft.
Die Linke kündigte schon ein Referendum dagegen an, das aus ihrer Sicht gute Chancen hat – mit dem höheren Rentenalter werde es die Reform an der Urne schwer haben. Doch auch die Bürgerlichen sind zuversichtlich, wie dieser Artikel von «blue News» zeigt.
Einige Punkte sind aber noch umstritten, etwa wie viele Übergangsjahrgänge es geben soll oder das Modell für den finanziellen Ausgleich. Auch bei der Finanzierung gibt es offene Fragen: Der Nationalrat will den Normalsatz der Mehrwertsteuer von 7,7 Prozent um 0,4 Prozentpunkte anheben, der Ständerat um 0,3 Prozentpunkte. Der Nationalrat will zudem die Gewinne der Nationalbank aus den Negativzinsen einsetzen, der Ständerat ist bisher dagegen.
Ein Jahr mehr zahlen, ein Jahr weniger profitieren
Doch was bedeutet das für die Beitragszahler*innen? Vor allem für junge Frauen, die neu 44 statt 43 Beitragsjahre vor sich haben? «Junge Frauen müssen sich darauf einstellen, bis 65 zu arbeiten, um die volle Rente zu erhalten», sagt Elmar Cosandey, Niederlassungsleiter beim VZ VermögensZentrum in Freiburg. «Sie bekommen ein Jahr weniger Rente, finanzieren aber ein Jahr mehr.»
Dass man länger arbeiten müsse, könne man positiv oder negativ sehen, sagt UBS-Vorsorge-Expertin Jackie Bauer: «Mit einer schon hohen und steigenden Lebenserwartung sollten vor allem junge Frauen die positiven Seiten stärker gewichten.» In einem längeren Erwerbsleben könne man mehr Einkommen generieren und mehr Vorsorgekapital ansparen, was es für einen längeren Ruhestand auch brauche.
Zudem biete es die Möglichkeit, den Karriereweg vielseitiger zu gestalten. Bauer verweist auf Studien, die zeigen, dass ein längeres Erwerbsleben positiv sei für Körper und Geist und dass Arbeitgeber mehr in Arbeitnehmer investieren, die einen längeren verbleibenden Erwerbshorizont haben: «Das könnte Frauen beispielsweise helfen, die Einkommenslücke zu Männern zu verkleinern.»
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Die Reform ist wichtig, darin sind sich die Experten einig. «Die Reform ist eine Stabilisierung im Vergleich zur heutigen Situation, aber nur ein erster Schritt», so die Einschätzung von Elmar Cosandey. «Das Problem wäre damit kurzfristig gelöst, aber mittelfristig braucht es auf jeden Fall weitere Massnahmen.»
«Mit Rentenalter 65 ist aber erst ein kleiner Schritt auf einem langen Weg gemacht – es wird helfen, aber es braucht mehr», sagt Jackie Bauer. Das Rentenalter zu erhöhen, sei eine der effektivsten Massnahmen, da es die Auszahlungen verkürzt und die Einzahlungen verlängert.
Die Schweiz habe im EU-Vergleich ein sehr tiefes Rentenalter. Viele Länder seien dabei, das Rentenalter schrittweise zu erhöhen und teilweise sogar an die Lebenserwartung zu koppeln. Das sei wichtig, da es die Politik aus dem Spiel nehme, so Bauer. «Je schneller wir diesen Schritt gehen – und eigentlich sind wir schon zu spät –, desto mehr Generationen-Gerechtigkeit erzielen wir, je länger wir warten, desto mehr Kosten werden auf die Jungen geschoben.»