Bundesgerichts-Entscheid Genfer Gericht muss Klima-Aktivist härter bestrafen

zs, sda

3.5.2023 - 12:07

Das Bundesgericht in Lausanne hat das Urteil des Genfer Kantonsgerichts gegen einen Klima-Aktivisten aufgehoben.
Das Bundesgericht in Lausanne hat das Urteil des Genfer Kantonsgerichts gegen einen Klima-Aktivisten aufgehoben.
Archivbild: imago/imagebroker

Ein Klima-Aktivist hat bei einer Aktion rote Handabdrücke auf die Fassade eines Bankgebäudes gemalt. Er kann sich dabei aber nicht auf achtenswerte Beweggründe berufen und muss entsprechend härter bestraft werden. Das hat das Bundesgericht entschieden. 

Keystone-SDA, zs, sda

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  • Ein Teilnehmer des «Marsch für das Klima» im Jahr 2018 hat rote Handabdrücke auf der Fassade eines Bankgebäudes angebracht.
  • Das Genfer Kantonsgericht gewährte dem Mann eine Strafmilderung aufgrund achtenswerter Beweggründe.
  • Das Bundesgericht hat das Urteil jetzt kassiert und an das Gericht zurückverwiesen.
  • Aktionen, wie jene des angeklagten Mannes, könnten in einem Rechtsstaat wie der Schweiz nicht mit politischen Idealen gerechtfertigt werden, so das Bundesgericht.

Das Genfer Kantonsgericht muss einen Teilnehmer des 2018 durchgeführten «Marsch für das Klima» härter bestrafen. Der Mann malte rote Handabdrücke auf die Fassade eines Bankgebäudes. Für diese Aktion kann er sich nicht auf achtenswerte Beweggründe berufen, wie das Bundesgericht entschieden hat.

Das höchste Schweizer Gericht hat die Beschwerde der Genfer Staatsanwaltschaft gutgeheissen und das Urteil des Genfer Kantonsgerichts aufgehoben. Die Sache geht nun zur Neufestsetzung der Strafe an dieses zurück. Die in Anwendung von Artikel 48 des Strafgesetzbuches gewährte Strafmilderung verletzt Bundesrecht, wie das Bundesgericht in einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil schreibt.

Die Bestimmung sieht die Möglichkeit einer Strafmilderung vor, wenn ein Täter aus achtenswerten Beweggründen, in schwerer Bedrängnis oder unter grosser seelischer Belastung gehandelt hat. Das Genfer Kantonsgericht gewährte dem Aktivisten diese Strafmilderung. Weil zudem das Verfahren lange gedauert hatte, erachtete es eine Busse von 100 Franken aus ausreichende Strafe.

Laut Bundesgericht ist aufgrund einer allgemein anerkannten Werteskala zu beurteilen, ob ein Delikt aus achtenswerten Beweggründen begangen wurde. Die Sorge um die Auswirkungen des Klimawandels und um die Notwendigkeit, rasch Massnahmen zur Reduktion der Treibhausgase zu ergreifen, stelle unbestreitbar ein ehrbares Anliegen dar.

Politische Aktionen von Klimaaktivisten hätten insofern einen idealistischen und selbstlosen Charakter, soweit sie darauf abzielten, die Bevölkerung zu sensibilisieren. In jedem Fall auszuschliessen sei der ehrbare Charakter, wenn gewalttätige Aktionen zu Sachbeschädigungen oder zu einer Gefahr für Dritte führten.

Recht in Frage stellen

In einem Rechtsstaat wie der Schweiz, der im Bereich der politischen Rechte und der Meinungsäusserungsfreiheit weitgehende Garantien vorsehe, könnten solche Aktionen nicht mit politischen Idealen gerechtfertigt werden, führt das Bundesgericht aus.

Zu beachten ist gemäss Gericht zudem, dass die gelegentlich bei Klima-Aktionen geäusserten Aufforderungen zu zivilem Widerstand darauf abzielen können, die demokratische Legitimierung des Rechts in Frage zu stellen – insbesondere des Strafrechts.

Aktionen von Klima-Aktivisten könnten daher nicht von vornherein als Ausdruck ethischer Werte angesehen werden, die von der gesamten Bevölkerung oder zumindest von einer Mehrheit mitgetragen würden.

Strafmilderung nicht ausgeschlossen

In Betracht fallen könnte unter Umständen eine freie Strafmilderung wegen achtenswerter Beweggründe bei gewaltfreien Aktionen wie einem sehr kurzfristigen Sitzprotest auf öffentlichen Strassen, ohne dass dabei der Verkehr gestört oder die öffentliche Sicherheit gefährdet werde. Angesichts der begangenen Sachbeschädigung im konkreten Fall liegt dem verfolgten Ziel jedoch kein achtenswertes Motiv zu Grunde, schreibt das Bundesgericht.

Bei einem «Marsch für das Klima» im Jahr 2018 in Genf löste sich der Aktivist zusammen mit anderen Personen aus dem Umzug und malte mit roter Farbe Handabdrücke auf die Fassade eines Bankgebäudes. Das Kantonsgericht Genf sprach den Mann im März 2022 der Sachbeschädigung schuldig.

Der verursachte Schaden von total 2250 Franken erachtet das Bundesgericht nicht als erheblich. Es handle sich aber auch nicht nur um einen blossen Bagatellfall. Dem Verurteilten wurden 410 Franken der Schadenssumme auferlegt.

Urteil 6B_620/2022 vom 30.3.2023

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Selina Lerch von «Renovate Switzerland» versichert, dass es für jede Klebeaktion ein Sicherheitskonzept gebe. Beispielsweise würden die umliegenden Spitäler über die Aktionen informiert, damit Ambulanzen bei einem Notfall die Stelle umfahren können.

14.12.2022

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