Umstrittene Kostenbremse-Initiative Arzt warnt: Kinder ohne Zusatzversicherung bleiben aussen vor

tafi

15.4.2024

Gegner der «Kostenbremse-Initiative» warnen vor Zweiklassenmedizin

Gegner der «Kostenbremse-Initiative» warnen vor Zweiklassenmedizin

Das überparteiliche Nein-Komitee gegen die «Kostenbremse-Initiative» der Mitte hat am Montag in Bern vor einer Zweiklassenmedizin in der Schweiz gewarnt. Der Zugang zur Gesundheitsversorgung für Grundversicherte sei bei einer Annahme der Initiative am 9. Juni nicht mehr garantiert, teilten Vertreterinnen und Vertreter von SVP, SP, FDP, GLP und Grünen sowie des Berufsverbands des Pflegefachpersonals (SBK) und des Hausärzteverbands (MFE) mit.

15.04.2024

Die «Kostenbremse-Initiative» der Mitte verlangt die Einführung einer Kostenbremse in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Das halten Ärzte für gefährlich und warnen vor den Folgen.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die von der Mitte lancierte «Kostenbremse-Initiative» verlangt die Einführung von kostendämpfenden Massnahmen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung.
  • Gegner sind alarmiert: Würde die Initiative vom Stimmvolk angenommen, drohe der Schweiz eine Zweiklassenmedizin.
  • Kinderarzt Christoph Stüssi redet Klartext: «Konkret würden wir die Zusatzversicherten zuerst behandeln.»

Es sind deutliche Worte vom überparteilichen Nein-Komitee gegen die «Kostenbremse-Initiative» der Mitte. Die Gegner warnen vor einer Zweiklassenmedizin, bemängeln eine «völlig sachfremde Koppelung zwischen BIP und Löhnen und der obligatorischen Krankenpflegeversicherung».

Nicht nur die Politik ist alarmiert, auch Mediziner warnen davor, dass die Kostenbremse bei den Krankenkassen ungewollte Folgen haben werde. «Konkret würden wir die Zusatzversicherten zuerst behandeln und die anderen verschieben oder nur noch Zusatzversicherte in unseren Praxen neu aufnehmen. So einfach ist das umsetzbar», warnt etwa Kinderarzt Christoph Stüssi bei «Blick».

Was fordert die Kostenbremse-Initiative?

  • Das Volksbegehren der Mitte-Partei verlangt die Einführung einer Kostenbremse in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, und es will den Reformstau auflösen.
  • Konkret heisst das: Steigen die Kosten im Gesundheitssektor pro Jahr 20 Prozent mehr als die Löhne und haben die Tarifpartner – also Kantone, Spitäler, Ärzteschaft, Krankenkassen und Pharmabranche – bis zu diesem Zeitpunkt keine Massnahmen ergriffen, müssen Bund und Kantone umgehend kostendämpfende Massnahmen beschliessen.
  • Die Massnahmen müssen im folgenden Jahr wirken. Wie stark die Kosten längerfristig steigen dürfen, muss das Parlament im Gesetz festlegen.

Österreich als warnendes Beispiel

Der langjährige Chefarzt der Kinderklinik am Kantonsspital Münsterlingen TG spricht aus Erfahrung. So habe er in Australien gearbeitet, wo es «ganz normal» gewesen sei, «dass Eltern extra bezahlen mussten oder eine Zusatzversicherung hatten, damit sie zeitnah in die Sprechstunde kommen konnten».

Der Schweiz drohe ein ähnliches Szenario, sollte die «Kostenbremse-Initiative» angenommen werden. Man müsse nur zu den Nachbarn, nach Österreich, schauen. Dort würde man kaum noch Haus- und Kinderärzte finden, die nur zulasten der Kassen abrechnen. Der schlichte Grund: Die Tarife decken die Kosten nicht.

Früher oder später sei auch in der Schweiz eine Zweiklassenmedizin zu erwarten: Wer sich keine Zusatzversicherung leisten kann, bleibt aussen vor. Widerspruch gibt’s von Mitte-Ständerat Erich Ettlin. Der Obwaldener Politiker argumentiert: «Wollen wir weiterhin eine gleich gute Kindermedizin für alle, müssen wir unnötige Kosten sparen.» Jeder wisse, «dass heute viel zu viele unnötige Eingriffe gemacht werden und dass andere einfach zu teuer sind».

Die «Kostenbremse-Initiative» könnte teuer werden

Der Schweiz drohe, so Ettlin, eine Zweiklassenmedizin nur, «wenn wir nichts unternehmen». Für Stüssi stellt sich allerdings die Frage, was unnötig sei. Man habe zu wenig Zeit und Personal, um systematisch unnötige Untersuchungen zu machen.

Noch, so Stüssi, empfehle er keine Zusatzversicherung. Die sei im Moment nicht nötig. Allerdings könne sich das ändern, würde die «Kostenbremse-Initiative» vom Volk angenommen werden. «Meine Empfehlung wäre dann ganz klar: Sichern Sie Ihre Kinder unbedingt für einen besseren Arzt- und Spitalzugang ab.»

Bei einem Erfolg der «Kostenbremsen-Initiative» an der Urne sollte man seine «Kinder unbedingt für einen besseren Arzt- und Spitalzugang absichern», warnt Kinderarzt Christoph Stüssi.
Bei einem Erfolg der «Kostenbremsen-Initiative» an der Urne sollte man seine «Kinder unbedingt für einen besseren Arzt- und Spitalzugang absichern», warnt Kinderarzt Christoph Stüssi.
Christin Klose/dpa-tmn