Ein Bericht über Valentin Landmann erhitzt die Gemüter – ausgerechnet im Bordell spricht der SVP-Kantonsrat über Prostitution und Feminismus. Viele Politiker protestieren, doch der Anwalt plant schon den nächsten Schritt.
phi
09.06.2021, 14:49
09.06.2021, 15:59
phi
«Wir sind uns bewusst, dass es sich hier um ein kontroverses Thema handelt», antwortet der Ringier-Verlag auf Nachfrage «knapp», wie der «Tages-Anzeiger» schreibt.
Und tatsächlich schlägt die Geschichte Wellen, die die Schweizer Illustrierte am 4. Juni unter dem Titel «Volles Haus und glückliche Männer» gebracht hat: Es geht um Pandemie, Prostitution und den Zürcher SVP-Kantonsrat Valentin Landmann.
Der als «Milieu-Anwalt» bekannte Landmann gibt sich in der Geschichte den Advokat der Sexarbeiterinnen, die während der Pandemie nicht arbeiten durften. Dass das für jene eine «unwahrscheinliche Brutalität» bedeutet haben dürfte, wie es Landmann sagt, wird dabei wohl niemand bestreiten.
Freier unter Dampf: «Es herrscht Nachholbedürfnis»
Doch der 71-Jährige spricht auch von einem «Verbrechen» – und wähnt sich mit seiner Kritik sogar in einem Boot mit den Vertreter*innen der Rechte von Frauen: «Da bin ich gleicher Meinung wie Feministinnen.» Von wegen Selbstbestimmung ...
Das Gespräch führt Landmann ausgerechnet in einem Bordell im Kanton Zürich, das nach den Lockerungen wieder öffnen darf und gerammelt voll ist. «Es herrscht ein riesiges Nachholbedürfnis», meint Landmann ob der 200 Freier, die unter 50 Angestellten wählen können, bevor sie in dem Etablissement den Sex offen praktizieren. «Die Männer sind glücklich.»
Diese Mischung aus gut besuchtem Milieu, glücklichen Männern und gern zitiertem Feminismus ist explosiv – und sorgt für Diskussionen. Andrea Gisler ist offenbar der Kragen geplatzt: Die ehemalige Präsidentin der Zürcher Frauenzentrale hat zusammen mit ihrer Grünen-Parteikollegin einen Offenen Brief an den Ringier-Verlag verfasst, den innert zwei Tagen 50 Mitglieder des Kantonsrats unterschrieben haben.
Erst in den Medien, dann im Kantonsrat
Die Geschichte von Landmann «inmitten nackter Frauen» sei «in erster Linie Werbung für einen Sexclub und einen Milieuanwalt», kritisieren die Autorinnen. Der Bericht zeichne das Bild einer realitätsfernen, «schummrig-plüschigen Idylle» eines Gewerbes, dessen «Profiteuren» der Verlag keine mediale Plattform bieten dürfe.
Zunächst haben die Unterzeichner erst einmal das Gegenteil dessen erreicht, was sie fordern: Inzwischen berichten verschiedene Medien über den Streit, und Valentin Landmann hat bereits angekündigt, den Brief an Ringier kontern zu wollen – und zwar am Montag im Kantonsrat.
In diesem Punkt haben die Verfasser um Andrea Gisler ihr Ziel dennoch erreicht: Nicht nur in Medien und Kommentarspalten steht das Thema jetzt auf der Tagesordnung, sondern auch wieder auf der politischen Agenda. Die Zürcher SVP wollte den Artikel jedoch nicht kommentieren: Die Äusserungen seien Landmanns private Ansichten, heisst es auf Nachfrage.
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Die Schweizer Illustrierte dürfte die gesteigerte Aufmerksamkeit nicht überraschen. Man wusste ja, dass Pandemie und Puff ein «kontroverses Thema sind».