Bundesrat prüft Gesetzgebung Löwen-Verbot im Zirkus – das letzte Wort ist noch nicht gesprochen

Silvana Guanziroli

14.2.2019

Wagemutige Nummer. Der Zirkus Knie präsentierte bis 2004 Raubiere in der Manege. Seither verzichtet er aber darauf.
Wagemutige Nummer. Der Zirkus Knie präsentierte bis 2004 Raubiere in der Manege. Seither verzichtet er aber darauf.
Keystone

Sie sollen in einer Schweizer Manage brüllen. Circus Royal geht 2019 mit drei Löwinnen auf Tournee. Tierschützer sind entsetzt, und auch der Gesetzgeber schaut sich die Sache ganz genau an.

Der Traditions-Circus Royal bringt die Löwen zurück ins Programm. Auf der diesjährigen Tournee tritt der britische Dompteur Thomas Lacey zusammen mit zwei normalen und einer weissen Löwin auf. 

Damit will die Organisation dem letzten Wunsch des im August 2018 verstorbenen Zirkus-Direktoren Peter Gasser entsprechen. Dieser hatte sich gewünscht, dass das Geschäft «in seinem Sinne» weitergeführt wird.

Tierschützer sind über die erneute Raubtiernummer entsetzt. Schon 2016 hatten sie mit einer Anzeige versucht, die Nummer zu verhindern. Damals sah die Staatsanwaltschaft «keine tatbestandsmässige Erniedrigung der Löwinnen» vorliegen.

Raubtier-Nummern beschäftigen Politik

Im gleichen Jahr wurde die Raubtiernummer auch zum Politikum. GLP-Nationalrätin Isabelle Chevalley forderte in einer Interpellation ein Verbot von Wildtieren in der Manage. Einen weiteren Vorstoss reichte Irène Kälin von den Grünen im letzten Mai unter dem Titel «Keine ungeeigneten Wildtiere mehr in Zirkussen» ein. 

Von einem generellen Verbot will der Bundesrat derzeit nichts wissen. Er verweist auf die geltende Rechtlage. «2015 wurde beschlossen, strengere Vorschriften für die Haltung solcher Wildtiere zu erlassen und die Bedingungen ihrer Gefangenschaft während den Zirkustourneen zu regeln», sagt Stefan Kinfermann, Sprecher des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärswesen (BLV). «Eine erste Bilanz der geänderten Verordnung ist für Mitte 2019 vorgesehen. Auf dieser Grundlage wird evaluiert werden, ob weitere Massnahmen erforderlich sind.»

Und auch der Circus Royal direkt muss mit einer intensiven Kontrolle rechnen. «Das BLV seinerseits wird bei einer erneuten Tournee mit Raubkatzen – die nur mit einer Bewilligung durch den zuständigen Kanton stattfinden kann – eine Expertise in Auftrag geben wird», so Kunfermann. «Ein ausgewiesener Experte überprüft dann beim Zirkus, ob die gesetzlich festgelegten Standarts im Umgang und zum Wohl der Tiere eingehalten werden.»

Verbote sind in der EU verbreitet

In diesen europäischen Ländern ist die Gesetzeslage schärfer als in der Schweiz:

  • Belgien: Generelles Verbot von Wildtieren
  • Bosnien-Herzegowina: Generelles Verbot von Wildtieren
  • Bulgarien: Generelles Verbot von Wildtieren
  • Dänemark: Generelles Verbot von Wildtieren. Die letzten drei Elefanten dürfen noch im Zirkus verbleiben.
  • England: Generelles Verbot von Wildtieren ab 2020
  • Estland: Generelles Verbot von Wildtieren
  • Finnland: Verbot von Affen, Raubtieren, Elefanten, Flusspferden, Nashörnern, Beuteltieren, Robben, Krokodilen, Greifvögeln, Straussen, Wildformen von Wiederkäuern und pferdeartigen Tieren
  • Griechenland: Verbot aller Tierarten
  • Irland: Generelles Verbot von Wildtieren
  • Italien: Verbot von Tieren in Zirkussen und Wanderausstellungen
  • Kroatien: Generelles Verbot von Wildtieren
  • Lettland: Generelles Verbot von Wildtieren
  • Luxemburg: Generelles Verbot von Wildtieren
  • Mazedonien: Generelles Verbot von Wildtieren
  • Malta: Verbot aller Tierarten
  • Niederlande: Generelles Verbot von Wildtieren
  • Norwegen: Generelles Verbot von Wildtieren
  • Österreich: Generelles Verbot von Wildtieren
  • Portugal: Verbot von Menschenaffen. Verbot für Wildtiere im Zirkus soll 2024 in Kraft treten
  • Polen: Verbot von in freier Natur geborenen Wildtieren
  • Rumänien: Generelles Verbot von Wildtieren 
  • Schottland: Generelles Verbot von Wildtieren
  • Schweden: Verbot von Affen, Raubtieren, Nashörnern, Giraffen, Kängurus, Flusspferden, Robben, Greifvögeln, Straussen, Krokodilen, Damwild
  • Serbien: Generelles Verbot von Wildtieren
  • Slowenien: Generelles Verbot von Wildtieren
  • Tschechische Republik: Verbot von neugeborenen Affen, Robben, Walen (exkl. Delfinen), Nashörnern, Flusspferden, Giraffen
  • Ungarn: Verbot von Elefanten, Nashörnern und Primaten. Verbot von neuen Wildfängen
  • Zypern: Verbot aller Tierarten

Knie zeigt keine Raubtier-Nummern mehr

Dass es auch ohne Raubiere in der Manage geht, zeigt der Schweizer National-Circus Knie. Er verzichtet seit 2004 auf die Grosskatzen. Bei der Rapperswiler Organisation wurde erkannt, dass eine optimale Raubtierhaltung wegen des oft sehr beschränkten Platzangebotes nur beschränkt möglich ist. 

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