Geheimaktion Maulwurf lieferte Informationen für Mafia-Razzia in der Schweiz

tafu

23.7.2020

Zahlreiche Hausdurchsuchungen sollen Mafia-Verbindungen in der Schweiz aufdecken. Unter anderem im Aargau war die Bundesanwaltschaft zusammen mit fedpol und der Kantonspolizei im Einsatz.
Zahlreiche Hausdurchsuchungen sollen Mafia-Verbindungen in der Schweiz aufdecken. Unter anderem im Aargau war die Bundesanwaltschaft zusammen mit fedpol und der Kantonspolizei im Einsatz.
Bild: Keystone

Mit zahlreichen Hausdurchsuchungen ist die Bundesanwaltschaft gegen mögliche Mafia-Verbindungen in der Schweiz vorgegangen. Ein eingeschleuster Maulwurf der Polizei soll dabei wichtige Informationen geliefert haben.

In Zusammenarbeit mit ihren italienischen Kollegen ist den Schweizer Behörden ein grosser Schlag gegen eine kriminelle Organisation aus dem Umfeld der kalabrischen Mafia ’Ndrangheta gelungen. In der Nacht auf Dienstag habe man sowohl in Italien als auch in der Schweiz Hausdurchsuchungen vorgenommen und mehrere Personen verhaftet, heisst es in einer Mitteilung der Bundesanwaltschaft.

Wie italienische Medien berichten, soll vor allem die Arbeit eines Ermittlers, der sich als Maulwurf in der Schweiz in einen Mafia-Clan einschleusen und undercover ermitteln konnte, zum Erfolg beigetragen haben, schreibt «20 Minuten». Der Polizist soll demnach das Vertrauen der mutmasslichen Mafiosi aus dem Aargau gewonnen und so den Beamten wichtige Informationen geliefert haben. Die Identität des Undercoverpolizisten ist noch immer unbekannt.



Pizzeria in Muri AG im Zentrum der Ermittlungen

Die Durchsuchungen in der Schweiz fanden in etlichen Kantonen statt, sowohl im Tessin, als auch in Solothurn, Zug und im Aargau führte die Polizei Razzien durch. Besonders eine Pizzeria in Muri AG rückte ins Fadenkreuz der Ermittler.

Das bereits seit 20 Jahren bestehende Restaurant könnte sich als der italienischen Mafia zugehörig entpuppen, berichtet «20 Minuten». Der Wirt sei italienischer Staatsangehöriger und stamme aus der Gemeinde Filadelfia in der kalabrischen Provinz Vibo Valencia.

Bisher sei er allerdings nicht auffällig in Erscheinung getreten, über einen Ferrari in der Garage habe sich niemand gewundert. «Vor dem Restaurant konnte man immer Luxusschlitten und Sportwagen beobachten», erklärt ein Anwohner, in Verbindung mit der Mafia habe man das aber nicht gebracht.

Die Razzia in Muri war eine echte Geheimaktion. Erst kurz vor dem Zugriff habe der Bund die Aktion der Polizei-Sondereinheit Argus angekündigt, berichtet «Blick». «Ich war um sechs Uhr früh joggen. Da standen weit über zehn Polizeiautos auf den Parkplätzen hinter dem Restaurant», beobachtete eine Nachbarin den Einsatz.

Zahlreiche Verbindungen nach Kalabrien

Neben dem Wirt stand auch ein Bauunternehmer in Muri im Fokus der Ermittler. Beide sollen, zusammen mit einem Gemeindearbeiter aus dem Tessin, direkte Verbindungen zu den ’Ndrangheta-Clan-Brüdern Rocco, Besitzer von zwei Clubs in der Schweiz, und Tommaso Anello haben. Denn: Sie stammen alle aus der Gemeinde Filadelfia in Kalabrien.

Laut «Blick» soll es diese Schweiz Connection bereits seit mehr als 20 Jahren geben, grosse Geldmengen seien immer wieder aus der Schweiz ins kalabrische Filadelfia geflossen.



Der Tessiner Gemeindearbeiter will allerdings nichts von Mafia-Geschäften wissen. Er kenne Rocco Anello zwar gut, er sei ein sehr enger Freund. Doch mit schmutzigen Geschäften habe er nichts zu tun. «Alles, was ich besitze, ist durch ehrliche Arbeit verdient», zitiert «Blick» die Aussage des Kalabresen gegenüber «La Regione».

Laut Bundesanwaltschaft (BA) sind die Hausdurchsuchungen und Verhaftungen das Ergebnis eines von der BA geführten Strafverfahrens und wurden in Zusammenarbeit mit fedpol durchgeführt. Im Einsatz waren Vertreter der BA, fedpol als auch zahlreiche Polizisten der Kantonspolizeien. 

Genanntes Strafverfahren werde wegen des Verdachts der Unterstützung beziehungsweise Beteiligung an einer kriminellen Organisation, der Geldwäschereri, der Hehlerei, des in Umlaufsetzens falschen Geldes, des Einführens, Erwerbens und Lagerns falschen Geldes und des Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetzes geführt.

In der Schweiz laufe das Strafverfahren insgesamt gegen sechs Männer mit italienischer Staatsbürgerschaft, aber Wohnsitz in der Schweiz. Neben dem Schmuggel von Falschgeld wird den Beschuldigten auch Waffen- und Drogenhandel sowie Geldwäscherei vorgeworfen.

Mehr als 700 Beamte im Einsatz

«Die beschuldigten Personen leben seit vielen Jahren in der Schweiz und vermutlich ging die Ausführung illegaler Aktivitäten mit legalen Tätigkeiten einher, etwa mit Investitionen, Kreditvergaben oder auch dem Betrieb eines Restaurants», heisst es in der BA-Mitteilung weiter. Bei den Durchsuchungen von Wohn- und Geschäftsräumen in der Schweiz seien zahlreiche Beweismittel sichergestellt worden, darunter Waffen, Munition und Bargeld.



Nicht nur in der Schweiz fanden Hausdurchsuchungen statt, in Italien waren 700 Beamte im Einsatz und konfiszierten zahlreiche Restaurants,, Häuser, Grundstücke, Autos und Barvermögen. Der Gesamtwert belaufe sich auf 169 Millionen Euro, berichtet «Blick». 74 Personen seien hier verhaftet worden.

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