SanktionenWie Briefkastenfirmen mogeln – und wie der Bund das ändern will
tgab
20.4.2022
Fahnder*innen tun sich schwer damit herauszufinden, welche Personen an Schweizer Unternehmen beteiligt sind – denn es gibt kein entsprechendes Register. Das könnte sich nun ändern.
tgab
20.04.2022, 14:46
20.04.2022, 15:17
tgab
Die Schweiz hat sich den Wirtschaftssanktionen gegen Russland angeschlossen, doch bei der Umsetzung holpert es. Denn damit russische Vermögen überhaupt eingefroren werden können, müssen sie zuerst gefunden und Personen auf der Sanktionsliste zugeordnet werden. Das ist nicht ohne Weiteres möglich.
Zwar müssen Unternehmen Listen führen über alle Personen, die Anteile von mindestens 25 Prozent halten. Behörden können aber nicht darauf zugreifen. Die Überwachung von Sanktionen funktioniert stattdessen über eine Meldepflicht, gemäss der Unternehmen die Vermögenswerte sanktionierter Russinnen und Russen dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) melden müssen, damit das Vermögen gesperrt werden kann.
Im Verdachtsfall muss das SECO bei den Unternehmen nachfragen. Das gebe den Sanktionierten Zeit, ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen, kritisiert David Mühlemann von der Nichtregierungsorganisation Public Eye im «Tages-Anzeiger».
Dieses Schlupfloch wäre gestopft, wenn die sogenannten wirtschaftlich Berechtigten von Briefkastenfirmen und sonstigen Unternehmen zentral erfasst würden. Ein solches Register hat der Neuenburger SP-Nationalrat Baptiste Hurni bereits vergangenen Dezember in einer Motion zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorfinanzierung gefordert.
In seiner Antwort auf die Motion kündigt der Bundesrat eine umfassende Situationsanalyse an. Er werde bis Mitte 2022 Handlungsoptionen prüfen und das Parlament über die Folgearbeiten informieren. Parallel dazu erwäge die internationale Arbeitsgruppe Financial Action Task Force (FATF), der auch die Schweiz angehört, eine Revision über die Transparenz und die Feststellung der wirtschaftlich berechtigten Personen von Trusts und anderen Rechtsvereinbarungen.
In ihrer Plenarversammlung Anfang März verschärfte die FATF laut «Tages-Anzeiger» ihre Empfehlungen und fordert nun ein zentrales Register. Wie dieses genau ausgestaltet sein soll, steht zur Debatte. Vorbild könnte der nicht öffentliche Ansatz der amerikanischen Anti-Geldwäsche-Behörde Financial Crimes Enforcement Network sein. Beim Registermodell der EU-Staaten hingegen bekommt jede*r gegen eine Gebühr Auskunft.