MigrationMigrationspakt: Parlament soll entscheiden
SDA
11.12.2018 - 11:34
Das Parlament soll entscheiden können, ob die Schweiz dem Uno-Migrationspakt zustimmt. Das fordert nach dem Ständerat auch der Nationalrat. Einen definitiven Verzicht auf die Zustimmung haben beide Räte abgelehnt.
Die Staatengemeinschaft hat den Migrationspakt am Montag in Marrakesch offiziell angenommen. Die Schweiz blieb der Konferenz fern: Der Bundesrat steht zwar hinter dem Pakt, hat aber entschieden, den Ausgang der Debatten im Parlament abzuwarten.
Nun haben sich die Räte dafür ausgesprochen, dass der Bundesrat dem Parlament die Zustimmung zum Pakt beantragt. Das ermögliche dem Parlament, sich vertieft mit dem Migrationspakt zu beschäftigen, befand die Mehrheit. Der Bundesrat könne darlegen, welche Auswirkungen der Pakt habe und wie er diesen umzusetzen gedenke.
Kein definitives Nein
Der Nationalrat überwies den Vorstoss für einen Parlamentsentscheid am Dienstag mit 121 zu 70 Stimmen an den Bundesrat. Den Vorstoss für ein definitives Nein der Schweiz lehnte er mit 104 zu 90 Stimmen bei 1 Enthaltung ab.
Die SVP und die Mehrheit der FDP hätten bereits einen inhaltlichen Entscheid gegen den Pakt fällen wollen. SP, Grüne und Grünliberale wollten den Entscheid über die Zustimmung dem Bundesrat überlassen, der gemäss Verfassung eigentlich dafür zuständig wäre. In der Mitte dominierte die Auffassung, der Inhalt des Migrationspaktes sei zwar unproblematisch, doch sei das Thema sensibel.
Migration steuern
Die Debatte hatte der Nationalrat bereits vergangene Woche geführt, doch musste er die Abstimmung aus Zeitgründen verschieben. Am Dienstag äusserte sich noch Aussenminister Ignazio Cassis. Kein Staat könne die Herausforderungen der irregulären Migration alleine angehen, betonte der Bundesrat.
Der Migrationspakt sei im Interesse der Schweiz. Innenpolitisch besteht laut Cassis kein Handlungsbedarf. Der Pakt garantiere auch die Souveränität der Staaten bei der Migration. Ein internationales Abseitsstehen hätte dagegen wohl negative Folgen für die Schweiz und könnte der Reputation schaden.
Aussenminister Cassis zeigte sich bereit, eine allfällige Umsetzung des Paktes und generell die Frage der Kompetenzregelung zwischen der Regierung und dem Parlament bei Soft Law detailliert aufzuzeigen.
Kritik am Bundesrat
In der Debatte wurde Cassis für sein Vorgehen kritisiert. Er habe es verpasst, das Parlament rechtzeitig einzubeziehen, hiess es. Deshalb brauche es nun die Zusatzschlaufe im Parlament. Marco Romano (CVP/TI) stellte fest, wegen der mangelnden politischen Sensibilität des Bundesrates befinde sich die Schweiz nun in einer peinlichen Situation. Von linker Seite wurde dem Bundesrat ein "Zickzackkurs" vorgeworfen.
Die Vertreter der SVP kritisierten ihrerseits den Inhalt des Migrationspakts. Dieser erleichtere die Migration, sagten sie. Die Schweiz dürfe keinesfalls zustimmen. Die Elite entferne sich vom Empfinden der Bevölkerung, befand Luzi Stamm (SVP/AG). FDP-Vertreter bemängelten, der Pakt sei zu vage formuliert und enthalte keine Regeln zur Lastenverteilung unter den Staaten. Der Bundesrat solle die Vor- und Nachteile klar aufzeigen, forderte Matthias Jauslin (FDP/AG).
Kritik an "Lügenkampagne"
Die Ratslinke warf den Gegnern vor, falsche Behauptungen über den Pakt zu verbreiten. Cédric Wermuth (SP/AG) sprach von einer "Verleumdungs, Verschwörungs- und Lügenkampagne" der extremen Rechten. Die Demokratie sei darauf angewiesen, dass sich Meinungsäusserungen auf Fakten bezögen. Sein Zürcher Parteikollege Fabian Molina gab zu bedenken, kein Staat könne alleine eine vernünftige Migrationspolitik machen.
Sibel Arslan (Grüne/BS) betonte, die Schweiz erfülle mit Ausnahme eines Punktes alle Empfehlungen des Paktes. Selbst wenn der Migrationspakt verbindlich wäre, wären in der Schweiz keine rechtlichen Anpassungen nötig. Beat Flach (GLP/AG) stellte fest, der Pakt besagte, dass die Staatengemeinschaft in der Pflicht sei, die Migration besser zu steuern.
Der Migrationspakt war im Juli an der Generalversammlung der Uno noch von fast allen Staaten, auch von der Schweiz, gebilligt worden. Nur die USA standen bereits abseits. Mittlerweile ist der Pakt in mehreren Ländern umstritten, darunter Belgien, Ungarn, Polen, Österreich, Australien, Italien, Bulgarien, Israel, Tschechien und die Slowakei.
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