Klimastreik Nach Aufruf zu Militärstreik: Klimaaktivisten-Wohnungen durchsucht

lt, sda

2.6.2021 - 09:13

Ein Mitglied des Klimastreiks Waadt bei einer Versammlung Ende 2019. (Archivbild)
Ein Mitglied des Klimastreiks Waadt bei einer Versammlung Ende 2019. (Archivbild)
Keystone

Die Bundesanwaltschaft (BA) hat die Wohnungen von Klimaaktivisten im Kanton Waadt durchsucht. Sie sollen zur «Verletzung militärischer Dienstpflichten» aufgerufen haben. Der Klimastreik verurteilte die Aktion aufs Schärfste.

Keystone-SDA, lt, sda

Die Hausdurchsuchungen seien vor genau einer Woche im Rahmen eines laufenden Strafverfahrens mit Unterstützung der Bundespolizei (Fedpol) und der Kantonspolizei Waadt durchgeführt worden. Dies teilte die BA am Mittwoch auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit. Sie bestätigte damit einen Artikel der Tamedia-Zeitungen.

Nach Angaben von Klimastreik Waadt durchsuchten die Beamten der Bundespolizei frühmorgens die Wohnungen der drei Aktivisten. Sie hätten dabei deren Mobiltelefone und Ausweise beschlagnahmt. Danach seien die Personen auf eine Polizeiposten gebracht und dort mehrere Stunden verhört worden.

Grund für die Aktion ist ein offener Brief der Arbeitsgruppe des Waadtländer und des Genfer Klimastreiks vor rund einem Jahr an die Regierung, das Verteidigungsdepartement und die Armee. Diese hatten darin zu einem Militärstreik aufgerufen und erklärt, dass sie aus ethischen, moralischen, ökologischen und sozialen Gründen nicht mehr einverstanden seien, die Militärabgaben zu bezahlen.

Denn die «Institution» sei umweltschädlich, gewalttätig, diskriminierend, nationalistisch, teuer und unnütz. Sie verlangten deswegen, dass die Armee entweder radikal umstrukturiert oder abgeschafft werde.

Bundesrat wollte nicht handeln

Der Aufruf ärgerte den Walliser SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor so sehr, dass er sich Anfang Juni letzten Jahres mit einer Interpellation an den Bundesrat wandte. Doch dieser verzichtete auf eine Intervention. Denn das Strafgesetz diene der Prävention und der Bestrafung im Deliktsfall, hiess es in der Fragestunde. Es habe aber nicht das Ziel, die Meinungsfreiheit zu beschneiden oder eine unerwünschte Meinung zu verhindern.

Damit gab sich Addor aber nicht zufrieden und er reichte Strafanzeige bei der Bundesanwaltschaft gegen Unbekannt ein. Er wirft der Klimastreikbewegung und insbesondere ihren Waadtländer und Genfer Ablegern einen Aufruf zum Wehrpflichtstreik vor. Das könne mit bis zu drei Jahren Freiheitsentzug oder einer Geldstrafe geahndet werden.

Nach einem Antrag der BA gab ihr das Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) die Ermächtigung zur Strafverfolgung. Diese eröffnete im Februar 2021 ein Strafverfahren gegen Unbekannt und später gegen eine natürliche Personen «wegen des Verdachts der Aufforderung und Verleitung zur Verletzung militärischer Dienstpflichten».

«Unverhältnismässig»

Klimastreik Waadt verurteilte die nun erfolgten Wohnungsdurchsuchungen als «unverhältnismässig» und «schwerwiegende Verletzung» des Rechts auf Meinungsfreiheit. Die Aktion habe nur dazu gedient, die Aktivisten einzuschüchtern.

Das sei aber gemäss der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht zulässig. Die Bewegung appellierte deshalb an das Parlament, «die Angriff der BA» gegen ihre Politik zu stoppen.