EinklemmschutzNach tödlichem Unfall: Immer wieder Vorfälle mit SBB-Zugtüren
tafu
2.9.2020
Über ein Jahr nach dem Tod eines Zugchefs scheinen die Mängel am Einklemmschutz der SBB-Zugtüren noch immer nicht endgültig behoben. Mindestens 36-mal kam es seither erneut zu Zwischenfällen mit Verletzungen.
Als im August 2019 ein tragischer Zwischenfall ein Problem mit dem Einklemmschutz an Zugtüren offenbarte, hatten die SBB umgehend Massnahmen angekündigt. Ein Zugchef wurde damals in der Türe eingeklemmt und kam zu Tode.
Doch obwohl die SBB mit entsprechenden Massnahmen ähnliche Vorfälle in Zukunft verhindern wollten, kam es dennoch zu mindestens 36 Fällen, berichtet das SRF.
Nach Recherchen des Konsumentenmagazins «K-Tipp» handele es sich bei den Fällen, die in der Unfalldatenbank des Bundesamtes für Verkehr (BAV) registriert wurden, um Personen, die sich durch das Einklemmen in Zugtüren Prellungen und Schürfungen zugezogen hatten oder gestürzt waren und daraufhin von einem Arzt behandelt wurden.
Dass diese Zahl eindeutig zu hoch ist, gesteht auch Reto Schärli von der Medienstelle der SBB ein. «Das ist eine beträchtliche Zahl. Grundsätzlich ist jeder Fall, bei dem eine Person verletzt wird, einer zu viel.» Allerdings könne man nicht genau sagen, ob an jedem einzelnen Vorfall tatsächlich ein technischer Defekt schuld sei. Auch wenn nicht jedes Detail bekannt sei, vertraue man aber dem Kunden und melde die Fälle der Datenbank des BAV.
Keine Unfälle, nur Vorfälle
Das BAV, welches die Aufsichtsbehörde über die SBB ist, relativiert allerdings die gemeldeten Fälle und spricht statt von Unfällen von Vorfällen. Auch seien die 36 Fälle keine deutliche Steigerung im Vergleich zu den Vorjahren. «Die Zahl der Unfälle ist in den letzten drei Jahren weitgehend gleichgeblieben, es gibt nicht mehr Verletzte oder mehr leicht Verletzte als in Jahren vorher», erklärt Michael Müller, Medienverantwortlicher beim BAV.
Ein gravierender Fall, der nach August 2019 passiert war und den die SBB selbst mitgeteilt hatten, zeigt eindeutig, dass der Einklemmschutz der Türen nach wie vor nicht einwandfrei funktioniert. Ein Mann klemmte sich bei dem Versuch, eine sich schliessende Türe aufzuhalten, die Hand darin ein. Als der Zug trotzdem losfuhr, musste der Mann 45 Meter neben dem Zug herlaufen, bevor er seine Hand aus der Türe ziehen konnte.
Das Problem waren laut Aussage der SBB zu harte Gummiprofile in den Türen. Betroffen seien vor allem Türen der einstöckigen älteren Waggons des Typs EW 4. Man werde in Zukunft allerdings wieder weichere Gummiprofile verbauen.
SBB wollen bis 2023 umrüsten
Laut Aufsichtsbehörde haben die SBB bis 2023 Zeit, die Arbeiten für einen besseren Einklemmschutz an allen Waggons zu vollenden. Mit dem Zeitraum ist das BAV allerdings nicht sehr glücklich, wie Michael Müller erklärt. «Das ist für uns ebenfalls zu lange, wir haben das den SBB auch so mitgeteilt», so der BAV-Medienverantwortliche. Doch man könne nichts machen, als zu sagen, man solle so schnell wie möglich arbeiten. «Zaubern können wir ja auch nicht.»
Grundsätzlich gebe es nie einen 100-prozentigen Schutz vor Unfällen, so Reto Schärli von den SBB. Es sei aber selten eine gute Idee, Zugtüren mit Händen oder Füssen am Schliessen hindern zu wollen. Auf den nächsten Zug zu warten, sei die wesentlich bessere und vor allem sicherere Option.