Kindesschutz Nationalrat berät über Meldepflicht bei Gefährdung des Kindeswohls

SDA

28.11.2017 - 05:03

Bei Verdacht auf Kindesmisshandlung sollen Erzieherinnen und Erzieher in Kindertagesstätten künftig die KESB informieren müssen. (Symbolbild)
Bei Verdacht auf Kindesmisshandlung sollen Erzieherinnen und Erzieher in Kindertagesstätten künftig die KESB informieren müssen. (Symbolbild)
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Der Nationalrat befasst sich heute Dienstag mit der Frage, wer bei Verdacht auf Gefährdung des Kindeswohls zu einer Meldung an die KESB verpflichtet sein soll. Geht es nach dem Bundesrat und dem Ständerat, sollen auch Angestellte von Kinderkrippen handeln müssen.

Der Nationalrat hatte sich letztes Jahr gegen eine Ausweitung der Meldepflicht gestellt. Mit 96 zu 88 Stimmen bei 2 Enthaltungen beschloss er, nicht auf die Vorlage einzutreten. Der Ständerat hiess die Gesetzesänderungen mit nur wenigen Gegenstimmen gut.

Nun ist wieder der Nationalrat am Zug. Sagt er ein zweites Mal Nein, ist die Vorlage vom Tisch. Dass die SVP und die FDP erneut geschlossen Nein stimmen, ist aber nicht sicher: Die vorberatende Kommission hat in der Zwischenzeit ihre Meinung geändert und beantragt dem Rat nun, die Gesetzesänderungen anzunehmen.

Kleinkinder schützen

Sie kam zum Schluss, damit könne vor allem der Schutz von Kleinkindern verbessert werden. Heute müssen nur Personen in amtlicher Tätigkeit - beispielsweise Lehrer - den Behörden mitteilen, wenn ein Verdacht auf Gefährdung des Kindeswohls besteht.

Kleinkinder kommen aber selten mit solchen Personen in Kontakt. Neu sollen deshalb auch Angestellte von Kinderkrippen verpflichtet sein, Meldung an die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) zu erstatten. Die Pflicht würde generell für alle Fachpersonen gelten, die beruflich regelmässig mit Kindern Kontakt haben, also auch Sporttrainer oder Musiklehrer.

Genauer hinschauen

Justizministerin Simonetta Sommaruga erinnerte im Parlament an die grosse Zahl von Misshandlungen. 2014 hätten die Kinderkliniken 1400 Fälle gemeldet. Fast die Hälfte der betroffenen Kinder sei unter sechs Jahre alt gewesen, ein Viertel unter zwei Jahre.

Das Parlament habe in den letzten Jahren bei den Tätern angesetzt, stellte Sommaruga fest. Das sei wichtig. Um Straftaten zu verhindern, müsse aber sichergestellt werden, dass jemand hinschaue. Nicht jede Meldung an die KESB führe zu einem Eingreifen.

Kindeswohl definieren

Die Rechtskommission des Nationalrates ist nun damit einverstanden, die Meldepflicht auszuweiten. Sie will aber den Begriff des Kindeswohls konkretisieren: Die Meldepflicht soll dann gelten, wenn die körperliche, psychische oder sexuelle Integrität einer minderjährigen Person gefährdet erscheint.

Weiter soll die meldepflichtige Person nach dem Willen der Kommission anstelle der KESB auch die vorgesetzte Person informieren können. Anders als der Ständerat möchte die Nationalratskommission ferner den Kantonen die Möglichkeit offen lassen, weitergehende Meldepflichten gegenüber der KESB vorzusehen.

Berufsgeheimnis geht vor

Zu reden geben auch die Regeln für Ärztinnen, Psychologen und Anwälte. Heute dürfen diese nur Meldung erstatten, wenn eine strafbare Handlung vorliegt. Künftig sollen sie vorher einschreiten können. Untersteht eine Person dem Berufsgeheimnis, soll sie nach dem Vorschlag des Bundesrates nicht verpflichtet, aber berechtigt sein, sich an die Kindesschutzbehörde zu wenden.

Personen, die dem Berufsgeheimnis unterstehen, sollen der KESB auch bei der Abklärung des Sachverhalts helfen, wenn die vorgesetzte Behörde oder die Aufsichtsbehörde sie auf Gesuch der KESB vom Berufsgeheimnis entbunden hat. Nach dem Willen des Ständerates und der Nationalratskommission soll das allerdings für Anwälte nicht gelten: Für sie soll das Berufsgeheimnis vorgehen.

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