Schweizer ArmeeNeue Kampfjets sollen Ziele am Boden ins Visier nehmen
twei
31.8.2020
Am 27. September entscheidet das Volk, ob die Schweizer Armee künftig auf Kampfjets mit Erdkampffähigkeit zurückgreifen kann. Im Vorfeld der Abstimmung machte die Luftwaffe nun noch einmal kräftig Werbung in eigener Sache.
Können sich Soldaten der Schweizer Armee künftig in Notfallszenarien auf Unterstützung aus der Luft verlassen? Gegenüber SRF hat die Luftwaffe erneut für den Wiedererwerb der Erdkampffähigkeit geworben. Als Grundlage wird demnach der Bericht «Luftverteidigung der Zukunft» herangezogen, der 2017 forderte, neue Kampfflugzeuge sollen «die Armee mit operativem Feuer ausserhalb der Reichweite der eigenen Artillerie und mit Luftaufklärung unterstützen.»
Bernhard Müller, Kommandant der Luftwaffe, plädierte gegenüber SRF für die Idee, die am 27. September zur Abstimmung steht. «Wir wollen primär verhindern, dass es überhaupt Krieg gibt. Deshalb brauchen wir Mittel, die ein gewisses Abschreckungspotenzial haben», erklärte er. Die neuen Kampfjets böten nicht nur Unterstützung für Bodentruppen aus der Luft, sondern würden auch präventiv bei Angriffen aus dem Ausland wirken.
Dank exakt einstellbarer Lenkwaffen und Präzisionsmunition könnten feindliche Truppen bereits aus grosser Distanz ins Visier genommen werden – und nicht erst an der Schweizer Grenze. Ausserdem sei durch die moderne Waffentechnik keine erhöhte Gefährdung von Zivilisten zu erwarten, wie Bernhard Müller erklärte. Stattdessen könnten mögliche Ziele, etwa gegnerische Logistik oder Führungseinrichtungen, mit grosser Präzision attackiert werden.
Ähnliche Pläne 2014 und 2017 abgelehnt
Zwar räumte Müller ein, die Erdkampffähigkeit habe nur «dritte Priorität» bei der Ausstattung der Kampfjets, dennoch betonte er in Bezug auf den F/A-18 Hornet: «Wenn wir wie beim F/A-18 von Anbeginn auf eine Fähigkeit verzichten, dann ist sie auch softwaremässig nicht vorhanden. Dann ist sie auch nicht im Simulator vorhanden. Wir können sie auch nicht ausbilden und trainieren. Diesen Fehler wollen wir hier nicht machen.»
Ob bei der Abstimmung am 27. September über die von der Luftwaffe gewünschten Aufrüstung votiert wird, bleibt ungewiss. Ähnliche Bestrebungen wurden in der Vergangenheit bereits mehrfach abgelehnt. 2014 bremste das Volk an der Urne Pläne aus, die Schweizer Armee mit den schwedischen Kampfjets Gripen auszurüsten.
Drei Jahre später forderte Guy Parmelin, damals Verteidigungsminister, eine Nachbesserung an den F/A-18-Jets. Aus dem 20-Millionen-Projekt wurde aber nichts, weil sich sowohl die Linke als auch die Mitte dagegen aussprachen. Der damalige CPV-Nationalrat Alois Gmür urteilte, es habe keine Veränderung der Bedrohungslage stattgefunden, die derartige Pläne rechtfertigen würde.
Bewusst auf Erdkampffähigkeit verzichtet
Seit die Schweizer Armee 1994 den Jagdbomber Hawker Hunter 1994 ausgemustert hat, besitzen die Kampfjets der Luftwaffe keine Erdkampffähigkeit mehr. Auf dementsprechende Ausrüstung wurde beim Kauf des F/A-18 bewusst verzichtet –, obwohl das Flugzeug aufgrund seiner Eigenschaft als «Attacker» dafür prädestiniert gewesen wäre.
Anfang der 1990er-Jahre kamen Schweizer Behörden jedoch überein, dass nach dem Warschauer Pakt und dem Ende des Kalten Krieges keine ausreichenden Bedrohungsszenarien mehr vorliegen würden. Ausserdem wurde die Aufrüstung der Jets wegen Kosten- und sicherheitspolitischen Gründen abgewiesen.