Menschen mit Transidentität oder Menschen, deren Geschlecht nach der Geburt nicht eindeutig feststand, sollen Geschlecht und Vorname im Personenstandsregister unbürokratisch ändern lassen können. Daran hält der Bundesrat nach einer Vernehmlassung fest.
Die Landesregierung will das Zivilgesetzbuch entsprechend anpassen und hat am Freitag die Botschaft dazu dem Parlament zugestellt. Sie will mit den Neuerungen den Bedürfnissen der Betroffenen besser Rechnung tragen und ihnen die heute oft langwierigen und uneinheitlichen Verfahren ersparen.
Neu sollen im Personenstandsregister der Vorname oder das eingetragene Geschlecht mit einer persönlich abgegebenen Erklärung an einen Zivilstandsbeamten oder eine Zivilstandsbeamtin geändert werden können. Voraussetzung ist, dass Betroffene fest und dauerhaft überzeugt sind, das Geschlecht ändern zu wollen, wie es in der Botschaft heisst. Die neuen Vorgaben sollen landesweit gelten.
Nur Urteilsfähigkeit nötig
Eine medizinische Untersuchung oder andere Vorbedingungen sind für die geänderten Einträge im Personenstandsregister nicht mehr nötig. Heute seien die Hürden für die Namensänderung oder die Anpassung des eingetragenen Geschlechts hoch, schreibt der Bundesrat. Die rechtliche Anerkennung einer Geschlechtsänderung müsse gerichtlich festgestellt werden.
Bis vor wenigen Jahren konnten die Angaben zum Geschlecht im Personenstandsregister erst nach einer chirurgischen Sterilisation und einer operativen Angleichung ihrer Geschlechtsorgane geändert werden. Waren die Betroffenen verheiratet, mussten sie sich zusätzlich vorher scheiden lassen.
Wer eine Erklärung für eine Geschlechtsänderung abgeben will, muss urteilsfähig sein. Minderjährige und Menschen mit umfassender Beistandschaft müssen die Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters einholen. Vorschlägen für ein Mindestalter von 12 oder 16 Jahren aus der Vernehmlassung erteilt der Bundesrat eine Absage.
Kein Einfluss auf bestehende Ehe
Eine Änderung im Personenstandsregister hat keinen Einfluss auf eine bestehende Ehe oder registrierte Partnerschaft. Auch Eltern-Kind-Verhältnisse bleiben unverändert.
Nach der Geburt muss jedes Kind innerhalb von drei Tagen mit Vor- und Nachname, Abstammung und Geschlecht dem Personenstandsregister gemeldet werden. Dabei muss dem Kind das männliche oder weibliche Geschlecht zugewiesen werden.
Jedes Jahr werden in der Schweiz 20 bis 100 Kinder geboren, deren Geschlecht nicht eindeutig bestimmt werden kann. Das schreibt der Bundesrat gestützt auf eine Studie des Schweizerischen Kompetenzzentrums für Menschenrechte. In diesen Fällen wird von Variante der Geschlechtsentwicklung gesprochen.
Transidentität liegt vor, wenn die tatsächlich empfundene Geschlechtsidentität nicht mit den äusserlichen Merkmalen übereinstimmt. Betroffene geben häufig an, als Mann im Körper einer Frau zu leben respektive als Frau im Körper eines Mannes. Wie viele Menschen mit Transidentität in der Schweiz leben, ist nicht klar.
Kein drittes Geschlecht
Die binäre Geschlechterordnung (männlich/weiblich) wollte der Bundesrat nicht in Frage stellen. Eine dritte Geschlechtskategorie – etwa «unbestimmt» – wird nicht eingeführt. Allerdings erstellt der Bundesrat im Auftrag des Parlaments einen Bericht zur Frage, ob ein drittes Geschlecht eingeführt werden soll.
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