Experte über Amherds und Selenskyjs Pläne «Ohne Russland ist es kein Friedensgipfel»

klm

17.1.2024

Bundespräsidentin Viola Amherd begrüsste am Montag den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in der Schweiz. 
Bundespräsidentin Viola Amherd begrüsste am Montag den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in der Schweiz. 
KEYSTONE

Mithilfe der Schweiz will der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj einen Friedensgipfel in Genf organisieren. Ohne eine russische Teilnahme könne dieser aber nicht so genannt werden, sagt ein Experte.  

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Wolodymyr Selenskyj hielt am WEF in Davos eine Rede und traf unter anderem Bundespräsidentin Viola Amherd.
  • Auf einer Pressekonferenz betonten beide, dass die Schweiz einen Friedensgipfel organisieren wolle. Der könnte in Genf stattfinden. 
  • Von einer Teilnahme von Russland war dabei aber nicht die Rede. Explizit ausgeschlossen wurde es zwar nicht, aber Selenskyj machte Anspielungen darauf. 
  • Laut dem Friedensforscher Laurent Goetschel sei ein Gipfel ohne Russland aber fruchtlos. 

Nach fast drei Jahren Krieg in der Ukraine scheint der Begriff so weit weg wie je: Frieden. 

Am Montag flammte nun eine neue Hoffnung auf ein Ende des Konflikts zwischen Russland und seinem Nachbarstaat auf. Nach einem Treffen von Bundespräsidentin Viola Amherd und Wolodymyr Selenskyj in Bern gaben beide in Davos bekannt, dass die Schweiz einen «Friedensgipfel» organisieren wolle. Der solle laut «SDA» in Genf stattfinden.

Selenskyj wolle dafür Vertreter des «globalen Süden» in die Schweiz einladen. Der ukrainische Präsident präzisierte, dass an dem Gipfel alle Länder teilnehmen sollen, die die Souveränität der Ukraine respektierten. «Also ziehen Sie Ihre Schlüsse daraus, wen wir einladen.» Die Anspielung war klar: Mit einer Teilnahme von Russland solle man eher nicht rechnen. 

Sieg der Ukraine sei zurzeit keine Option

Dabei sei genau die unabdinglich, wie der Friedensforscher Laurent Goetschel im Gespräch mit blue News betont. «Ohne Russland ist es kein Friedensgipfel», so Goetschel. «Für einen Diktatfrieden müsste Russland von der Ukraine besiegt werden. Das ist keine reale Option. Deshalb können nur Verhandlungen zu einer Einstellung der Feindseligkeiten und zu einem Friedensvertrag führen.» 

Zur Person:
UniBasel, Gesellschaftswissenschaft, MA, Portraits, Laurent Goetschel,
Derek Li Wan Po

Laurent Goetschel ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität Basel und Direktor der Schweizerischen Friedensstiftung (swisspeace).

Die Ansage eines geplanten Gipfels sei zwar positiv. Aber: «Bislang wurde vor allem viel von möglichen Friedensverhandlungen gesprochen. Passiert ist dabei nichts.»

Die Schweiz habe nun die Chance, dazu beizutragen, dass die Verhandlungen wirklich stattfänden. Dabei nähme aber auch China eine zentrale Rolle ein. «Wichtig wäre es als mögliche Vorstufe, dass man China an Bord holt», so Goetschel. «China könnte helfen, eine Brücke zu Russland zu bauen.»

Selenskyj: «Ukrainer werden Putin niemals verzeihen»

Auch für Bundesrat Ignazio Cassis sei es unumgänglich, dass Russland bei den Verhandlungen dabei sei. «Es braucht einen Schritt, Russland auf die eine oder andere Weise einzubeziehen», sagte Cassis am Rande einer Ukraine-Konferenz in Davos.

Selenskyj wiederum betonte in seiner WEF-Rede, dass die Ukraine «Putin niemals verzeihen» werde: «Er verkörpert den Krieg. Ich frage Sie: Welches Land kann eine Armee bereitstellen, die Russland die Stirn bieten kann?»

In einem Statement zu «Blick» liess der Kreml verlauten, dass man die Planung «des sogenannten Friedensgipfels» zur Kenntnis genommen habe. Da bisher nicht von einer Teilnahme von Russland die Rede war, sei dieser aber «aussichtslos». Für Russland sei es «nur eine weitere Runde fruchtloser Konsultationen, die zu keinem konkreten Ergebnis führen».

Wie es nach Selenskyjs Besuch genau weitergehen wird, wird sich zeigen.

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