Auch zu Corona-ZeitenOrganspende ja oder nein – BAG appelliert an die Bevölkerung
Von Julia Käser
18.8.2020
Laut einem Experten tun sich viele Schweizerinnen und Schweizer schwer beim Thema Organspende. Nun will das BAG dafür sorgen, dass das Spenderregister aufgrund der Coronakrise nicht noch kürzer wird.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) befürchtet, dass in der Coronakrise ein wichtiges Thema in Vergessenheit gerät: die Organspende. Kommt hinzu, dass das Thema in Zeiten von Corona auch an Wichtigkeit gewinnt.
Menschen, die auf ein neues Organ warten, müssen als Risikopatienten besonders vorsichtig sein. Zudem sind laut BAG einzelne Transplantationsprogramme vorübergehend eingestellt worden, weshalb sich die Wartezeit für die Betroffenen verlängert.
Organtransplantationen 2020
Insgesamt 205 postmortal gespendete Organe wurden in den ersten sechs Monaten dieses Jahres transplantiert. Die Zahl der verstorbenen Schweizer Spenderinnen und Spender beläuft sich auf 67. Das sind 17 Personen weniger als in der Vorjahresperiode, wie Zahlen von Swisstransplant zeigen.
Mit der neuen Kampagne «Sag es auf deine Art. Aber sag es.» wollen das BAG und Swisstransplant, die Nationale Stiftung für Organspende und Transplantation, die Bevölkerung jetzt daran erinnern, den Angehörigen den eigenen Entscheid im Hinblick auf eine mögliche Organspende mitzuteilen.
Oft muss Familie den schwierigen Entscheid treffen
«Schon vor Corona war die Zahl der im nationalen Spenderregister verzeichneten Personen etwas weniger ansteigend und jene der verstorbenen Spender leicht rückläufig. Viele tun sich schwer mit dem Thema», sagt Franz Immer, Direktor von Swisstransplant, zu «Bluewin».
Das Ziel der Kampagne sei es auch, die Angehörigen zu entlasten – denn: Ist über den Willen einer Person nichts bekannt, muss ihre Familie den schwierigen Entscheid stellvertretend im Sinne des Verstorbenen treffen.
Trotz Corona blieb die Zahl auf der Warteliste konstant, wie Zahlen von Swisstransplant zeigen. Insgesamt warteten im zweiten Quartal dieses Jahres 1'408 Personen auf ein neues Organ.
Auf der Warteliste für eine neue Lunge standen insgesamt 285 Menschen – eine Zahl die sich mit denjenigen der Vorjahre vergleichen lässt. Die Coronakrise hat demnach zu keiner auffälligen Veränderung auf der Lungenliste geführt. «Auch die Sterberate liegt im langjährigen Mittel und ist zum Glück nicht explodiert», so Immer.
Seiner Meinung nach ist das darauf zurückzuführen, dass die Schweiz als eines der einzigsten Länder weltweit die Transplantationen zwischen März und Mai nicht komplett einstellte. Vitalorgane, also Herz, Leber und Lunge, wurden in der ganzen Zeit transplantiert.
Experte zieht positives Fazit
Anders bei den Nieren: Hier seien die Organspenden und auch Transplantationen während eines Monats gestoppt worden, erklärt Immer. «Diese Massnahme wurde getroffen, um die Ressourcen der Spitäler zu schonen.»
Durch den kurzen Stopp bei den nicht lebensnotwendigen Aktivitäten habe man zudem sicherstellen können, dass Personen, die auf ein lebenswichtiges Organ warteten, weiterhin transplantiert worden seien.
Umfrage
Haben Sie einen Organspenderausweis?
Entsprechend positiv fällt das Fazit des Herzchirurgen aus: «Zwischen März und Mai wurde die Zusammenarbeit mit den Spitälern intensiviert.» Swisstransplant habe in dieser Zeit den Lead auf dem Gebiet der Organspende und Transplantation übernommen.
Man habe sämtliche Spenderevaluationen vorgenommen sowie Transplantationszentren und Intensivstationen täglich über den aktuellen Stand informiert.
Französische Organe wurden in die Schweiz eingeliefert
Auch auf internationaler Ebene hat die Schweiz gemäss Immer enger mit anderen Staaten zusammengearbeitet als sonst. «Frankreich zum Beispiel hat 90 Prozent der Transplantationsaktivitäten eingestellt. Entsprechend wurden Organe von dort in die Schweiz exportiert – wo die Eingriffe weiterhin möglich waren.»
Im Hinblick auf eine allfällige zweite Coronavirus-Welle sagt Immer: «Unser Modell hat sich bewährt, wir würden es folglich sofort wieder aktivieren.» Einzig die Nierentransplantationen müssten wohl – anders als im März – nicht mehr eingestellt werden.
Das heisst: Alle Empfängerinnen und Empfänger, die auf ein Organ warteten, sollten dieses auch erhalten, Corona hin oder her.