«FV-Dosto» Pannen-Zug: SBB wusste schon 2013 von Problemen

tali

5.3.2019

SBB oder Bombardier, wer ist verantwortlich für das anhaltende Drama um den Doppelstockzug «FV-Dosto»? Nun zeigt sich, dass die SBB schon früh um die Lieferschwierigkeiten des Problemzugs wusste.

Seit Dezember rollen die neuen Doppelstock-Züge der SBB nun auf den Fernverkehrsstrecken – und seit Dezember reist die Kritik an ihnen nicht ab. Denn das Modell «FV-Dosto» des kanadischen Herstellers Bombardier erweist sich als störungsanfällig, immer wieder kommt es zu Ausfällen und Verspätungen. Auch die Lieferung neuer Züge wird sich aller Voraussicht nach verzögern. Nun kam heraus, dass sich bereits vor sechs Jahren Lieferprobleme mit den Zügen abzeichneten.

«Das Risiko, dass Bombardier nicht rechtzeitig liefern würde, zeigte sich bereits kurz nach der Vergabe der 1,9 Milliarden-Beschaffung», berichtet das SRF, das Einsicht in interne Dokumente der SBB hatte. Ein Grund für die Verzögerungen ist laut SBB ein Konstruktionsfehler, den Bombardier bestreitet: «Bombardier hat die Arbeiten für diesen Zug auf verschiedene Werke aufgeteilt. Dann haben die Komponenten nicht zusammengepasst», erklärt SBB-Chef Andreas Meyer.

Andreas Meyer versucht, das Dilemma zu erklären.
Andreas Meyer versucht, das Dilemma zu erklären.
Keystone

«Keinen Anreiz, Züge schnellstmöglich zu liefern»

Ausserdem brachten nachträgliche Änderungswünsche vonseiten der SBB die Arbeiten in Verzug. Eine von der SBB bestellte Expertise der Railexpertsgroup kam bereits 2013 zu dem Schluss, dass die Züge wohl mit mindestens vier Jahren Verspätung geliefert werden würden. Die Beziehung der beiden Vertragspartner schien damals schon stark belastet zu sein: «Bombardier hat als einziges Ziel, den Auftrag wirtschaftlich positiv abzuschliessen und wird dabei alle Mittel ergreifen, um dieses Ziel zu erreichen. Einsicht und Entgegenkommen können aber in keiner Phase der Verhandlungen und der gesamten restlichen Projektlaufzeit erwartet werden», stellte der Gutachter fest.

Die von der SBB hinzugezogene Anwaltskanzlei Bär und Karrer kam zu der Einschätzung, dass Bombardier «massiv höhere Projektkosten als ursprünglich kalkuliert» erleide und bald «keinen Anreiz» mehr habe, «Züge schnellstmöglich zu liefern». Tatsächlich teilte Bombardier der SBB im November 2013 mit, dass die vereinbarten Lieferfristen nicht einzuhalten wären und aufgrund der Änderungswünsche Mehrkosten von 326 Millionen Schweizer Franken entstanden seien.

Wird der Zug jemals richtig rollen?

Die Gutachter stellten fest, dass die SBB das Projekt enger begleiten müsse, dadurch aber riskiere, mitverantwortlich zu werden. Insider gaben gegenüber SRF an, dass das SBB-Management dem Projekt nach der Vergabe «zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt» habe. Auch die Projektleiter seien «auffällig häufig ausgewechselt» worden, was «für die Kontinuität des ehrgeizigen Vorhabens» nicht förderlich gewesen sei.

Zu allem Übel kommt hinzu, dass einige technische Experten bezweifeln, dass die Doppelstock-Züge mit Wankkompensation jemals planmässig eingesetzt werden können. Doch ein Zurück gibt es für SBB nicht mehr, räumt Andreas Meyer unumwunden ein: «Wir wollen nicht aussteigen, wir können nicht aussteigen. Das wäre ein Fiasko für Bombardier. Aber auch für die SBB.»

Bilder aus der Schweiz
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