Pflegeinitiative Pflegekräfte fordern bessere Arbeitsbedingungen – Politik sträubt sich

tmxh / SDA

9.6.2020

Die Pflegekräfte in der Schweiz fordern bessere Arbeitsbedingungen. (Symbolbild)
Die Pflegekräfte in der Schweiz fordern bessere Arbeitsbedingungen. (Symbolbild)
Patrick Seeger / Archiv

Aufgrund ihrer tragenden Rolle in der Coronakrise wurde den Pflegekräften hierzulande viel Anerkennung zuteil. Nun fordern sie bessere Arbeitsbedingungen – doch der Ständerat sträubt sich.

Die Pflegekräfte, die sich während der Corona-Pandemie um die Kranken kümmerten oder noch immer kümmern, bekamen für ihre Arbeit in den letzten Monaten viel Anerkennung und – wortwörtlich – Applaus. Doch damit geben sie sich nicht zufrieden.

Die Pflegekräfte fordern bessere Arbeitsbedingungen. Zentral für dieses Anliegen könnte die Pflegeinitiative sein, die im Parlament nun in eine  entscheidende Phase kommt. Mit der 2017 lancierten Initiative verlangt der dahinter stehende Verband der Pflegefachfrauen und -männer, dass Bund und Kantone die Pflege als wichtigen Bestandteil der Gesundheitsversorgung fördern.

Die Vorlage fordert eine ausreichende, allen zugängliche Pflege von hoher Qualität. Der Bund soll sicherstellen, dass dafür genügend Pflegefachpersonen zur Verfügung stehen. Weiter soll der Bund dafür sorgen, dass Pflegeleistungen angemessen abgegolten werden. 

Ausbildungsoffensive im Mittelpunkt

Am Mittwoch nun will der Ständerat über einen indirekten Gegenvorschlag auf Gesetzesstufe entscheiden. Sowohl in der Initiative als auch im Gegenvorschlag soll eine Ausbildungsoffensive im Mittelpunkt stehen, die mehr Geld für die entsprechenden Ausbildungsstätten vorsieht. Denn die Pflegebranche leidet unter Personalmangel und dem damit verbundenen Effizienzdruck, bei dem der Patient und die Angehörigen auf der Strecke bleiben.



Grund für das fehlende Personal sind nicht nur die vergleichsweise schlechte Bezahlung und eine immer älter werdende Gesellschaft, sondern auch eine hohe Ausstiegsquote. «Viele leiden unter Stress und emotionaler Erschöpfung, weil sie chronisch zu wenig Zeit haben», zitiert die «Neue Zürcher Zeitung» Yvonne Ribi, Geschäftsführerin des Berufsverbands für Pflegefachpersonal.

Wie angesichts des Mangels an Pflege-Nachwuchs die Studierenden des Pflegefachs unterstützt werden sollen, ist jedoch noch unklar. Während der Nationalrat Ausbildungsbeiträge zur Sicherung des Lebensunterhalts für alle Weiterbildungswilligen auf den Tisch brachte, ist man in der Ständeratskommission gegen diesen Vorschlag. 

Eigenverantwortliche Abrechnung gefordert

Doch dieser Ausbildungszuschlag, dessen Aufnahme in den Gegenvorschlag knapp scheitern könnte, ist für die Initiierenden laut NZZ entscheidend. Falle die Zulage weg, so zitiert die Zeitung etwa Ribi, würde ein Rückzug der Initiative kaum mehr infrage kommen.

Entscheidend für die Pflegekräfte sei demnach auch eine eigenverantwortliche Abrechnung der Pflegeleistungen mit den Krankenkassen, die unabhängig von einem Arzt geschieht. Voraussetzung dafür soll für die Mehrheit der ständerätlichen Kommission wiederum eine zuvor getroffene Vereinbarung zwischen Pflegenden und Krankenkassen sein.



Die Kassen bekämen aus Sicht der Initiantinnen und Initianten durch das dadurch entstehende Vetorecht jedoch zu viel Macht. Das sehen auch die Arbeitgeberverbände so. Spitäler, Heime und Spitex kritisieren in einem offenen Brief an die Ständerätinnen und Ständeräte, dass die Abschwächung der Nationalratsversion des Gegenvorschlags «keine mehrheitsfähige Alternative zur Volksinitiative» darstelle und den drohenden Pflegenotstand nicht beheben könne. 

Eine dritte zentrale Forderung der Initiative betrifft die Erhaltung von Pflegequalität und Sicherheit, damit mehr Angestellte im Beruf bleiben: «Dazu braucht es endlich genügend Pflegende pro Schicht», zitiert die NZZ Ribi. Trotz geringer Aussichten, dass alle drei Hauptforderungen vom Parlament erfüllt werden, gibt sich die Mitinitiantin der Zeitung zufolge optimistisch – «weil die Corona-Krise die Wichtigkeit der Pflege noch deutlicher gemacht hat».

Bilder des Tages

Zurück zur Startseite