Steuerfreies Spesengeschenk Parlamentarier erhalten Geld für Mitarbeiter, die sie nicht haben

Von Dominik Müller

5.12.2024

Wer im Schweizer Parlament politisiert, darf auf einen persönlichen Mitarbeiter zurückgreifen, muss dies aber nicht.
Wer im Schweizer Parlament politisiert, darf auf einen persönlichen Mitarbeiter zurückgreifen, muss dies aber nicht.
Bild: Keystone

Mehr als die Hälfte aller National- und Ständeräte beschäftigt keine persönlichen Mitarbeitenden, bekommt aber dafür geschaffene Spesen. Zu diesem Schluss kommt eine neue Auswertung.

Von Dominik Müller

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Schweizer Parlamentsmitglieder erhalten Spesenpauschalen von 33'000 Franken jährlich, auch wenn sie keine persönlichen Mitarbeiter*innen beschäftigen.
  • Viele Ratsmitglieder nutzen die Pauschale, um steuerfrei ihr Einkommen zu erhöhen.
  • Eine neue Auswertung zeigt: Bürgerliche Parteien verzichten häufiger auf Hilfskräfte als linke Parteien.

Im Durchschnitt erhält ein Nationalrat heute 132'500 Franken im Jahr. Bei einer Ständerätin sind es 142'500 Franken. Und die Schweiz wird von einem Milizparlament regiert. Sprich: Die meisten Parlamentsmitglieder sind noch in einem weiteren Beruf aktiv.

Im Parlamentslohn enthalten sind Spesen, beispielsweise für Verpflegung, Reisekosten, Übernachtungen – oder für persönliche Mitarbeiter. Konkret erhält jede Schweizer Parlamentarierin und jeder Parlamentarier 33'000 Franken pro Jahr steuerfrei, um eine Hilfskraft einzustellen. Nur: Mehr als die Hälfte beschäftigt gar keine persönlichen Mitarbeiter, wie eine Recherche von «Correctiv» zeigt.

Die Spesen erhalten die Volksvertreter trotzdem – bezahlt aus dem Steuertopf. 4,5 Millionen Franken werden auf diese Weise jährlich ausgeschüttet.

Praxis ist erlaubt

Viele Politiker*innen würden ihre Spesen nutzen, um das eigene Einkommen aufzubessern. «Etliche beanspruchen die Beiträge für persönliche Mitarbeitende, um so ihr Einkommen steuerfrei zu optimieren, statt damit eine Unterstützungskraft anzustellen», zitiert «Correctiv» aus einem Bericht von 2022 des Nationalratsbüros in Zusammenarbeit mit der Universität St. Gallen. Illegal sei die Praxis aber nicht.

Mit SVP-Nationalrat Thomas Matter verzichtet einer der reichsten Männer im Land auf eine Hilfskraft. Allerdings beschäftigt er gemäss eigener Aussage zwei Assistentinnen und vergüte diese privat. Entsprechend werden sie nicht von der Verwaltung registriert und erhalten keinen Zugriff auf Kommissions-Unterlagen.

Bürgerliche verzichten oft auf Hilfkraft

Die Auswertung von «Correctiv» zeigt: Bürgerliche Politiker*innen kommen besonders oft ohne persönliche Mitarbeitende aus. In der SVP und Mitte-Fraktion beschäftigt gemäss der Liste der Verwaltung nur ein Drittel persönliche Mitarbeitende, bei der FDP etwas mehr als die Hälfte. Bei den Grünen und der GLP beträgt der Anteil ohne Hilfskraft weniger als die Hälfte, bei der SP sind es 40 Prozent.

Das lohnt sich für die betroffenen Ratsmitglieder finanziell: Laut einer Studie der Universität Genf von 2017 erhöht sich der durchschnittliche Stundenlohn eines Nationalrats ohne persönliche Hilfskraft von 65 Franken auf 93 Franken vor Steuern.


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