Auswanderung Tausende Portugiesen kehren der Schweiz den Rücken

tgab

16.10.2021

Eine geringe Rente und gute Arbeitsbedingungen in ihrem Heimatland veranlassen viele Portugiesen, der Schweiz den Rücken zu kehren. (Symbolbild)
Eine geringe Rente und gute Arbeitsbedingungen in ihrem Heimatland veranlassen viele Portugiesen, der Schweiz den Rücken zu kehren. (Symbolbild)
Bild: KEYSTONE/Walter Bieri

Jahrzehntelang galt die Schweiz als klassisches Einwanderungsland für Arbeit suchende Portugiesen. Nun kehren sie zu Tausenden in ihre alte Heimat zurück.

tgab

16.10.2021

«Saudade», die Sehnsucht nach ihrem Heimatland, hat gesiegt. Inzwischen entscheiden sich immer mehr Portugiesen für die Rückkehr. 2020 verliessen 10'000 Menschen die Schweiz in Richtung Portugal wie neue Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigen. Gleichzeitig wanderten letztes Jahr so wenige Portugiesen ein wie seit Anfang der 2000er-Jahre nicht mehr. Ende letzten Jahres lebten noch 257'700 portugiesische Staatsangehörige in der Schweiz, die meisten in der Romandie.

Die Rückkehrer liessen sich in drei Kategorien aufteilen, berichtet  Liliana Azevedo dem «Blick». Die 44-jährige Schweiz-Portugiesin widmet dieser Entwicklung ihre Doktorarbeit am ISCTE-IUL, dem Universitätsinstitut von Lissabon. Ein grosser Teil der Einwanderer aus den Achtzigern und zu Beginn der Neunzigerjahre stehe kurz vor der Pensionierung. Viele davon möchten das Alter in ihrer Heimat verbringen. Eine zweite Gruppe verliess Portugal während der Wirtschaftskrise nach 2008. Viele dieser Menschen fühlten sich der Schweiz noch immer kaum verbunden. Die dritte Kategorie gehört zur jüngeren Generation, die in der Schweiz geboren ist.

Rente zu niedrig für ein gutes Leben in der Schweiz

«Die Ältesten sind unter der Salazar-Diktatur aufgewachsen, haben meist nur die Primarschule besucht. In der Schweiz arbeiteten sie hauptsächlich im Baugewerbe, in der Gastronomie, Hotellerie oder Reinigung, verdienten meist niedrige Löhne und erhalten daher oft eine sehr kleine Rente», sagt Azevedo. Vor der Pensionierung stellten sie dann häufig fest: Das Geld reicht im Alter nicht für ein Leben in der Schweiz oberhalb des Existenzminimums.



Dazu kommt: Die Anziehungskraft Portugals hat zugenommen. Die Arbeitslosenquote liegt fast auf Schweizer Niveau, das Wachstum gehört zu den stärksten in Europa. In vielen Branchen herrscht Personalnot. Die portugiesische Regierung wirbt daher seit 2019 um ihre Emigranten: Das Programm «Regressar» (zurückkommen) winkt mit einer Beteiligung an den Umsiedlungskosten und mit Steuergeschenken. Bedingung ist eine unbefristete Anstellung. Ein Angebot, das viele in die Schweiz Ausgewanderte gerne annehmen.