BundesgerichtKomiker Dieudonné zurecht wegen Rassen-Diskriminierung verurteilt
SDA, smi
14.4.2023 - 12:00
Das Bundesgericht hat die Verurteilung wegen Rassendiskriminierung des Komikers Dieudonné durch das Genfer Kantonsgericht bestätigt. Bei Auftritten in der Schweiz hatte er die Existenz der Gaskammern geleugnet.
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14.04.2023, 12:00
14.04.2023, 14:06
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Bei dieser Äusserung kann er sich nicht auf die Meinungsäusserungsfreiheit stützen. Zu diesem Schluss kommt das Bundesgericht in einem am Freitag veröffentlichten Urteil. Es bestätigt damit den Entscheid des Genfer Kantonsgerichts vom April 2022, das den Franzosen zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu 170 Franken verurteilte.
Gemäss dem vierten Absatz von Artikel 261 des Strafgesetzbuches macht sich unter anderem strafbar, wer wegen Hass oder Verachtung gegenüber Personen aufgrund ihrer Rasse, Ethnie, Religion oder sexuellen Orientierung Völkermord oder andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost oder zu rechtfertigen sucht.
Die Aussage «die Gaskammern haben nie existiert» komme einer Leugnung beziehungsweise einer groben Verharmlosung des Holocaust gleich und fällt laut Bundesgericht unter die fragliche Strafbestimmung. Dieudonné äusserte den Satz in einem Sketch seines in Nyon und Genf aufgeführten Programms.
Dabei spielte er einen Passagier in einem vermeintlich abstürzenden Flugzeug. Die Person machte respektlose Aussagen und auch jene zu den Gaskammern. Der Komiker machte in seiner Beschwerde geltend, die Äusserung nicht aus einem diskriminierenden Motiv heraus gemacht zu haben. Er berief sich auf den Kontext der Äusserung und auf die Meinungsäusserungsfreiheit.
Das Bundesgericht lässt die nicht gelten. Die konkreten Umstände zeigten, dass der Satz nicht in humoristischer Absicht geäussert worden sei. Während der Auftritte habe Dieudonné mehrere Anspielungen gemacht, die auf seine Haltung hindeuteten, sich über Opfer des Holocausts lustig zu machen.
Dem Beschwerdeführer sei es primär darum gegangen, die Leiden eines Volkes herunterzuspielen und eine Polemik zum Nachteil der Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft auszulösen. Seine Beweggründe seien rassendiskriminierend gewesen.
Einschlägiges EGMR-Urteil
In seinem Urteil geht das Bundesgericht auch auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ein, wonach Satire von der Meinungsäusserungsfreiheit erfasst werde. Satire sei eine künstlerische Ausdrucksform und ein gesellschaftlicher Kommentar. Sie ziele darauf ab zu provozieren.
Eingriffe in das Recht von Kunstschaffenden, sich mittels dieser Form auszudrücken, seien deshalb vorsichtig zu prüfen. Der EGMR hat gemäss den Ausführungen des Bundesgerichts aber auch festgehalten, dass die Meinungsäusserungsfreiheit dort ihre Grenze habe, wenn sie dazu missbraucht werde, andere in der Menschenrechtskonvention festgehaltene Rechte zu verletzen.
Das Bundesgericht weist in diesem Zusammenhang auf einen EGMR-Entscheid hin, der Dieudonné persönlich betraf. So hatte dieser einen Akademiker eingeladen, der in Frankreich mehrfach wegen seiner negationistischen und revisionistischen Thesen verurteilt worden war.
Am Ende seiner Show rief der Komiker den Gast zu sich auf die Bühne. Eine Person, die einen jüdischen Deportierten in einem Konzentrationslager darstellte, übergab dem Revisionisten einen «Preis für Unredlichkeit und Unverschämtheit». Eine solche Satire und Provokation erachtete der EGMR nicht durch die Meinungsäusserungsfreiheit geschützt.
Zahlreiche Verurteilungen
Während Dieudonné bis zum vorliegenden Urteil in der Schweiz keine Einträge im Strafregister hatte, wurde er in Frankreich seit 2006 20 Mal verurteilt – unter anderem wegen Beleidigung, Aufruf zu Diskriminierung und Aufstachelung. Die Delikte hatten einen rassistischen oder religiösen Hintergrund. In Belgien wurde er 2017 wegen übler Nachrede und Verleumdung sowie wegen rassistischer Äusserungen verurteilt.
Das Bundesgericht hat vorliegend auch die Verurteilung Dieudonnés wegen Beschimpfung der CICAD (Coordination intercommunautaire contre l'antisémitisme et la diffamation) und wegen übler Nachrede gegenüber deren Generalsekretär bestätigt. Die Organisation setzt sich gegen Antisemitismus ein und vertritt jüdische Gemeinden und Vereinigungen.
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