«Schweizer durch Abstammung» Referenzen nur mit Stammbaum? Einbürgerungsfall löst Kritik am SEM aus

Gabriela Beck

5.10.2025

Die Zürcher SP-Nationalrätin Céline Widmer spricht während der Herbstsession der Eidgenössischen Räte im September 2024 in Bern. (Archiv)
Die Zürcher SP-Nationalrätin Céline Widmer spricht während der Herbstsession der Eidgenössischen Räte im September 2024 in Bern. (Archiv)
KEYSTONE/Peter Klaunzer

Weil eine Einbürgerungsbewerberin aufgefordert wurde, bevorzugt Referenzen von «Schweizer Bürgern durch Abstammung» zu nennen, stehen nun Vorwürfe der Schaffung von Bürger*innen erster und zweiter Klasse im Raum.

Redaktion blue News

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  • Eine Bewerberin für die erleichterte Einbürgerung wurde aufgefordert, Referenzen «mit Schweizer Abstammung» zu nennen.
  • SP-Politikerin Céline Widmer spricht von Diskriminierung und einer Zweiklassen-Staatsbürgerschaft.
  • Der Thurgauer SVP-Nationalrat Pascal Schmid verteidigt das Vorgehen als unproblematisch.

Eine Interpellation der Zürcher SP-Nationalrätin Céline Widmer sorgt für Diskussionen: Das Staatssekretariat für Migration (SEM) soll von einer Einbürgerungsbewerberin verlangt haben, Referenzen «vorzugsweise von Schweizer Bürgern durch Abstammung» zu nennen, schreibt der «Tagesanzeiger».

Die betroffene 34-jährige Nordmazedonierin lebt seit sechs Jahren mit ihrem Schweizer Ehemann und den zwei gemeinsamen Kindern in der Schweiz und erfüllt alle Voraussetzungen für die erleichterte Einbürgerung. Sie hatte Referenzpersonen aus ihrem Umfeld angegeben, deren Namen jedoch offenbar als nicht ausreichend «schweizerisch» galten.

Widmer kritisiert die Formulierung als diskriminierend und warnt vor einer «2-Klassen-Staatsbürgerschaft», da die Bundesverfassung alle Schweizerinnen und Schweizer gleichstellt. Der Begriff «Schweizer Bürger durch Abstammung» hat Widmer irritiert: «Was soll das in diesem Zusammenhang überhaupt heissen? Jemand, der Meier oder Müller heisst? Wäre eine Schweizerin, die noch nie in der Schweiz gelebt hat, eine bessere Referenz?»

Der Bundesrat hat auf ihre Interpellation bisher nicht reagiert, und das SEM gibt keine Stellungnahme ab, solange das Anliegen hängig ist.

Konstruiertes Problem oder inakzeptable Forderung?

Vertreter der SVP verteidigen das Vorgehen. Nationalrat Pascal Schmid spricht von einem konstruierten Problem und verweist auf bestehende Unterscheidungen im Bürgerrechtsgesetz. Es sei nachvollziehbar, dass Referenzen nicht erst seit Kurzem eingebürgert sein sollten. Gleichzeitig betont er, dass Eingebürgerte als Referenzpersonen nicht grundsätzlich ausgeschlossen seien.

Juristische Stimmen sehen dies kritischer. Die Berner Migrationsrechts-Professorin Barbara von Rütte hält die schriftliche Vorgabe des SEM für ungewöhnlich und mit dem Gleichbehandlungsgebot kaum vereinbar. Zwar versuchten viele Einbürgerungswillige von sich aus, Referenzen mit traditionellen Schweizer Wurzeln anzugeben – doch eine Behörde dürfe dies nicht explizit verlangen.

Der Fall wirft nun die breitere Frage auf, wie Integration gemessen wird und wer als glaubwürdige Stimme darüber gelten darf.

Die Kontroverse zeigt, wie stark die Symbolik von Sprache im Amtshandeln wirkt. Während die einen darin eine Frage der Pragmatik sehen, empfinden andere darin den Rückfall in überholte Abstammungslogiken. Die politische Antwort des Bundesrats wird mit Spannung erwartet – auch, weil sie Präzedenzwirkung für künftige Einbürgerungsverfahren haben könnte.