Vermögensschwelle für Rentner Neuerung bei der Ergänzungsleistung – «Der Mittelstand wird enteignet»

tafi

4.3.2019

Wer sich im Laufe seines Lebens ein kleines Vermögen angespart hat, soll künftig keine Ergänzungsleistungen mehr bekommen. So sehen es Pläne des Nationalrates vor.
Wer sich im Laufe seines Lebens ein kleines Vermögen angespart hat, soll künftig keine Ergänzungsleistungen mehr bekommen. So sehen es Pläne des Nationalrates vor.
DPA / Symbolbild

Wer als Rentner 100'000 Franken besitzt, soll keine Ergänzungsleistungen mehr bekommen: Die EL-Reformpläne des Nationalrats stossen auf harsche Kritik.

Vermögende Rentner könnten zukünftig von den Ergänzungsleistungen (EL) ausgeschlossen werden. Wie der «Tages-Anzeiger» berichtet, will der Nationalrat auf eine Vermögensschwelle einführen. Alleinstehende mit einem Vermögen ab 100'000 Franken und Verheiratete mit einem Vermögen ab 200'000 Franken sollen künftig keine Leistungen mehr erhalten, ginge es nach dem Nationalrat. Ausgenommen seien Vermögen,die vor allem aus selbst bewohnten Eigenheimen bestehen. Mehrere Tausend EL-Bezüger seien von der neuen Regelung betroffen, so der «Tages-Anzeiger».

Ziel der von der bürgerlichen Nationalrats-Mehrheit (CVP, FDP und SVP) forcierten EL-Reform sei es, «das grosse Ausgabenwachstum infolge der demografischen Entwicklung zu bremsen.» 130 Millionen Franken pro Jahr sollen eingespart werden. FDP-Nationalrat Bruno Pezzatti sagte laut «Tages-Anzeiger», dass Menschen mit einem Vermögen über der genannten Schwelle keine Ergänznungsleistungen benötigten. Man müsse daher die Selbstverantwortung stärken.



Den Bürgern wird das Sparen vergrault

Ganz anders sieht die Angelegenheit Thomas Gächter. Der Professor für Sozialversicherungsrecht an der Universität Zürich lässt sich vom «Tages-Anzeiger» mit den Worten zitieren: «Mit der EL-Reform wird einmal mehr der Mittelstand enteignet.» Zwar würde das bürgerliche Lager in der Theorie die Eigenverantwortung propagieren. Praktisch nähme eine solche Eintrittshürde den Bürgern aber den Anreiz, überhaupt noch zu sparen.

«Die Schweizer werden zu einem Volk von EL-Optimierern, damit sie ihr Vermögen nicht fürs Pflegeheim verbrauchen müssen», so Gächter weiter. Anstatt für einen späteren Pflegeheimaufenthalt vorzusorgen, würde der Mittelstand kein Vermögen mehr aufbauen. Die Reformpläne würden demnach suggerieren, dass es finanziell besser wäre, nicht vorzusorgen, sondern sich auf den Staat zu verlassen.

Weniger Vermögen verbrauchen

Die neuen Regelungen zum Vermögensverbrauch würden die Bürger und Bürgerinnen zusätzlich vom Sparen abhalten. National- und Ständerat haben bereits zugestimmt, dass Menschen über 55 ihr Vermögen zukünftig nur noch um 10'000 Franken beziehungsweise zehn Prozent pro Jahr verringern dürfen. Andernfalls müssten sie später EL-Kürzungen in Kauf nehmen.

Während sich Andreas Dummermuth, Präsident Präsident der Konferenz der kantonalen Ausgleichskassen, pro EL-Reform positioniert («Wer ein Vermögen von mehr als 100'000 Franken hat, ist in der Existenz nicht gefährdet.»), kämpft die Linke dagegen an. SP-Nationalrätin Silvia Schenker kündigte laut «Tages-Anzeiger» an, bei der Debatte am Mittwoch zu beantragen, sich dem Ständerat anzuschliessen, der die Vermögensschwelle bislang ablehnt. Einige Ständerat signalisieren derweil, dass sie ihre Position ändern könnten, um eine Einigung mti dem Nationalrat zu erzielen.

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