Transmenschen und Menschen mit einer Geschlechtsvariante sollen ihr Geschlecht und ihren Vornamen im Personenstandsregister unbürokratisch ändern können. Das schlägt der Bundesrat vor. Ein drittes Geschlecht ist nicht vorgesehen.
Der Bundesrat will mit den Gesetzesänderungen, die er am Donnerstag in die Vernehmlassung geschickt hat, die Situation der Betroffenen verbessern. Bei Transmenschen handelt es sich um Personen, deren Geschlechtsidentität sich vom biologischen Geschlecht unterscheidet. Sie sind fest davon überzeugt, dem anderen Geschlecht zuzugehören.
Menschen mit einer Geschlechtsvariante - früher auch "Intersexuelle" genannt - weisen bei der Geburt Merkmale auf, die nicht eindeutig den medizinischen Kategorien "männlich" oder "weiblich" zugeordnet werden können. In der Schweiz kommen rund vierzig Kinder im Jahr so zur Welt.
Einfache Erklärung
Wollen Transmenschen und Menschen mit einer Geschlechtsvariante das im Personenstandsregister eingetragene Geschlecht ändern, sollen sie das künftig mit einer einfachen Erklärung gegenüber dem Zivilstandsbeamten tun können. Eine vorgängige medizinische Untersuchung ist nicht notwendig. Ist die Person verheiratet, bleibt die Ehe bestehen. Das gilt auch für die eingetragene Partnerschaft. Kindesverhältnisse bleiben ebenfalls unverändert.
Die Erklärung beruht auf der Selbstbestimmung der betroffenen Person. Nach der Änderung des Geschlechtseintrags im Personenstandsregister können rasch neue Dokumente ausgestellt werden, etwa ein neuer Reisepass.
Innert drei Tagen
Heute sei die Situation für die Betroffenen belastend, hält der Bundesrat fest. Jedes Kind muss nach der Geburt innert drei Tagen mit Namen, Abstammung und Geschlecht beim Zivilstandsamt angemeldet werden.
Kann das medizinische Fachpersonal das Geschlecht des Neugeborenen nicht bestimmen, muss das Kind trotzdem mit einem männlichen oder weiblichen Geschlecht angemeldet werden. Das Geschlecht und der Vorname können später nur in einem administrativen oder gerichtlichen Verfahren geändert werden.
Operation und Scheidung
Auch Transmenschen seien mit grossen Schwierigkeiten konfrontiert, schreibt der Bundesrat. Gemäss Hochrechnungen leben in der Schweiz 100 bis 200 Transmenschen, die bereits operiert worden sind oder eine Operation in Betracht ziehen.
Bis vor einigen Jahren konnten sie das Geschlecht im Personenstandsregister erst nach einer chirurgischen Sterilisation oder einer operativen Angleichung der Geschlechtsorgane ändern lassen. Verheiratete mussten sich zudem scheiden lassen.
Keine klare Regelung
Heute werde von solchen Anforderungen zwar abgesehen, schreibt der Bundesrat. Da jedoch keine klare gesetzliche Regelung bestehe, müssten Transmenschen weiterhin hohe Hürden überwinden. Sie müssten die rechtliche Anerkennung der Geschlechtsänderung gerichtlich einklagen.
Die Rechtspraxis sei uneinheitlich, und die Verfahren würden als langwierig und teuer empfunden. Das Ziel sei es, ein einfaches, auf Selbstbestimmung beruhendes Verfahren gesetzlich zu verankern.
Missbrauch strafbar
Leichtsinnige oder offensichtlich missbräuchliche Erklärungen zur Änderung des Geschlechts müssten Zivilstandsbeamte zurückweisen. Einer betrügerischen Erklärung - beispielsweise, um früher Rente zu erhalten oder der Militärdienstpflicht zu entgehen - würden die zuständigen Behörden die Rechtswirkung versagen. Auch wäre eine solche Erklärung strafbar.
Bei Zweifeln sollen die Zivilstandsbeamten zusätzliche Abklärungen vornehmen und beispielweise ein ärztliches Zeugnis verlangen. Bei minderjährigen Personen wäre die Zustimmung der gesetzlichen Vertreterin oder des gesetzlichen Vertreters erforderlich.
Kein drittes Geschlecht
Unabhängig von diesen Gesetzesänderungen prüft der Bundesrat, ob die dreitägige Frist für die Anmeldung des Geschlechts verlängert werden soll, wenn das Geschlecht nicht unmittelbar nach der Geburt bestimmt werden kann. In der Vergangenheit sind wegen des gesellschaftlichen Drucks bei Kindern teilweise irreversible geschlechtsbestimmende Operationen durchgeführt worden.
Die Vorschläge des Bundesrates stellen die binäre Geschlechterordnung (männlich/weiblich) nicht in Frage; eine dritte Geschlechtskategorie ("unbestimmt" oder anderes) wird nicht eingeführt. Der Bundesrat schreibt jedoch, er sei überzeugt, dass sich die Schweiz mit dieser Frage auseinandersetzen müsse. Deshalb habe er parlamentarische Vorstösse angenommen, die ihn beauftragen, die Einführung eines dritten Geschlechts zu prüfen. Den Ergebnissen wolle er nicht vorgreifen.
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