BundesversammlungGegen Willen der SVP: Bundesrichter Donzallaz ist wiedergewählt
Von Julia Käser
23.9.2020
Die SVP empfahl ihren eigenen Bundesrichter Yves Donzallaz zur Abwahl. Die anderen Fraktionen kritisierten dieses Vorgehen scharf. Nun hat Donzallaz die Wiederwahl geschafft.
Am Mittwochmorgen stellten sich die Richterinnen und Richter des Bundesgerichts der Gesamterneuerungswahl. Die Wahl durch die Bundesversammlung hat im Vorfeld für aussergewöhnlich viel Diskussionsstoff gesorgt.
Im Fokus der Debatten: die SVP, Bundesrichter Yves Donzallaz und die immer wiederkehrende Frage nach der Unabhängigkeit der Schweizer Richter. Die SVP-Fraktion hatte die zuständige Gerichtskommission (GK) dazu auf, Donzallaz nicht zur Wiederwahl zu empfehlen – aufgrund von «unterschiedlicher Werthaltungen in fundamentalen Punkten».
Schon in den letzten Jahren hatte die Partei mehrmals den Versuch unternommen, Druck auf den Walliser Richter auszuüben.
Doch der Angriff der SVP auf den eigenen Richter blieb erfolglos: Die Bundesversammlung hat sämtliche Richterinnen und Richter am Mittwochmorgen für die Amtsperiode 2021 - 2026 wiedergewählt – also auch Donzallaz.
SP stellt Rückweisungsantrag und will Wahl verschieben
Donzallaz war seiner Partei im Vorfeld der Wahl vor, die Justiz zu instrumentalisieren. Politikerinnen und Politiker sowie ehemalige Bundesrichter verurteilten das Vorgehen der SVP ebenfalls scharf. Laut Marianne Ryter, Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts, ist der Versuch, politisch Einfluss auf die Schweizer Rechtssprechung zu nehmen, ein absolutes No-Go.
Gleich zu Beginn der Wahl sprach sich SP-Ständerat Daniel Jositsch im Namen seiner Partei für die Verschiebung der Wahl aus. Angesichts der jüngsten Ereignisse um Donzallaz sei eine Wahl zum jetzigen Zeitpunkt nicht angebracht, begründete Jositsch seinen Rückweisungsantrag. Erst müsse die Unabhängigkeit sämtlicher Richterinnen und Richter überprüft werden.
Mit ihren jeweiligen Voten im Rat stellten die anderen Fraktionen jedoch klar, den Rückweisungsantrag der SP nicht zu unterstützen. Sowohl die FDP als auch die GLP warfen der SP vor, mit dem Antrag sämtliche Bundesrichterinnen und Bundesrichter einem Generalverdacht zu unterstellen.
Mit 190 zu 42 Stimmen scheiterte die SP mit ihrem Antrag im Rat schliesslich.
SVP-Aeschi: «Dann ist es Ihr Richter»
Gleichzeitig verurteilten die Fraktionen das Vorgehen der SVP in der Affäre Donzallaz. Andrea Gmür von der Mitte-Fraktion stellte klar: «Bundesrichter sind keine Handlanger ihrer Partei».
Die SVP wiederum hielt daran fest. Fraktionschef Thomas Aeschi empfahl Donzallaz wie zuvor angekündigt nicht zur Wiederwahl. Werde Donzallaz von den anderen Parteien gewählt, sei er nicht länger Richter der SVP. Aeschi: «Dann ist es Ihr Richter, dann ist es Ihre Verantwortung».
Ausserordentlicher Bundesanwalt gewählt
Zum ausserordentlichen Bundesanwalt wurde Stefan Keller mit 220 von 223 gültigen Stimmen gewählt. Seine Wahl war von der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft und der GK unterstützt worden.
In seiner Funktion als ausserordentlicher Bundesanwalt soll Keller gegen den ehemaligen Bundesanwalt Michael Lauber, Fifa-Präsident Gianni Infantino und den Walliser Oberstaatsanwalt Rinaldo Arnold ermitteln.