Coronavirus Risikotouristen können sich kaum melden, selbst wenn sie möchten

SDA/tsha/sob

8.7.2020 - 06:15

Auf Flügen werden die Passagierdaten vor der Landung in der Schweiz aufgenommen. (Symbolbild)
Auf Flügen werden die Passagierdaten vor der Landung in der Schweiz aufgenommen. (Symbolbild)
Source: KEYSTONE/GAETAN BALLY

Wer aus einem Corona-Risikoland in die Schweiz zurückkehrt, müsste sich bei den Behörden melden. Viele wissen das nicht. Und selbst wenn man möchte, ist kaum jemand zu erreichen. Eine Kontrolle ist fast unmöglich.

Die Massnahmen des Bundes für Personen, die aus Corona-Risikoländern zurückkehren, sind nicht einfach umzusetzen. Das Bundesamt für Gesundheit kann sich nach eigenen Angaben nur auf den guten Willen der Bürger und auf mögliche Denunziationen durch Dritte verlassen.

Wenn eine Person aus einem der 29 als problematisch aufgelisteten Länder in die Schweiz zurückkehrt, ist der Zoll gehalten, sie an ihre Pflichten zu erinnern, sich also in den nächsten 48 Stunden bei den Behörden ihres Kantons zu melden. Der Betroffene muss lediglich mündlich zusichern, dass er sich daran halten werde.

Keine Info-Flyer

Aber das funktioniert kaum. So schreibt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf Anfrage des «Tages-Anzeigers», es habe die Fluggesellschaften angehalten, die Einreisenden mittels Info-Flyer zu informieren. Doch sowohl die Swiss als auch Edelweiss teilen laut der Zeitung mit, dass dies so nicht geschehen sei. Stattdessen informieren sie die Passagiere vor dem Abflug im Risikoland am Gate per Durchsage.

Wer die Durchsage verpasst und sich nicht zuvor selbstständig informiert hat, erfährt erst im Flughafen-Terminal in der Schweiz von den Bestimmungen. Das BAG hat zum Beispiel dem Flughafen Zürich am Montagmittag – also nach Inkrafttreten der Massnahmen – Info-Tafeln und Info-Flyer geliefert, wie die Zeitung schreibt. Dort kamen am Montag und am Dienstag neunzehn Flüge aus Risikoländern an. Doch der Info-Flyer, den es auf Deutsch und Englisch gibt, ist nicht nutzerfreundlich. Sein zentrales Element ist ein Link mit 221 Zeichen, der zu einer veralteten BAG-Seite führt.



Selbst wer es bis zu einer kantonalen Stelle schafft, hat es nicht leicht. Beim Kanton Zürich wird man auf eine Website verlinkt, auf der erst einmal ausführlich darauf hingewiesen wird, die Kontaktzentrale sei stark belastet. Man solle doch ein E-Mail mit allen persönlichen Angaben schicken (Name, Wohnort, Handynummer, Geburtsdatum, Einreisezeit, Transportmittel, Name der Mitreisenden, Angaben über allfällige Symptome). Der Kanton arbeitet noch an einem Onlineformular.

Facebook-Tipps zum Umgehen der Quarantäne

Auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) zugegeben, es sei schwierig, sicherzustellen, dass jeder die Regeln einhalte. Es gebe keine Garantie dafür, dass sich alle betroffenen Personen von selbst melden würden.

In Bern und Zürich haben sich laut «Tages-Anzeiger» seit Montagmittag immerhin schon je zwanzig Personen gemeldet, in Basel eine Familie.

Die Quarantänegegner sind flinker. Bereits gebe es Facebook-Gruppen, die sich darüber austauschten, wie man die Quarantäne am besten umgehen könne, weiss Gundekar Giebel, Sprecher der Berner Gesundheitsdirektion. Die Behörden machen es ihnen einfach. Indem sie keine Passagierlisten auswerten und auf den Flügen aus Risikoländern keine Formulare ausfüllen lassen, in welchen man sich für die Quarantäne anmelden muss. «Es gibt auch Einreisende, die gar nicht wissen, was sie tun sollten», sagt Giebel.

«Effekt der sozialen Kontrolle nicht unterschätzen»

Systematische Kontrollen an den Landgrenzen sind nicht möglich. Bei den Ankünften per Flugzeug hingegen werden die Daten der Passagiere während des Fluges aufgenommen, und diese werden informiert. Für Busreisen ist ein ähnlicher Ansatz vorgesehen.

Das BAG zählt auf das Pflichtbewusstsein der Bevölkerung und auf die abschreckende Wirkung der möglichen Bussen. Wer die zehntägige Quarantäne vorsätzlich nicht einhält, kann eine Strafe von bis zu 10'000 Franken erhalten, bei Fahrlässigkeit eine von bis zu 5'000 Franken. Für die Strafverfolgung sind laut BAG die Kantone zuständig.



«Man darf ausserdem den Effekt der sozialen Kontrolle nicht unterschätzen. Eine Person, die aus einem Risikogebiet zurückkehrt, ist meist nicht die einzige, die davon weiss. Ihre Familie, ihre Umgebung und ihr Arbeitgeber könnten auch darüber informiert sein», schrieb das BAG.

Die Quarantäne sei eine der wirksamsten Massnahmen, um die Übertragungsketten von Covid-19 zu unterbrechen, rief das Bundesamt in Erinnerung. Der Bund sei jedoch bereit, sein System bei Bedarf anzupassen.

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