«Begreife die einfach nicht» SAC-Hüttenwarte ziehen wegen Instagram-Touristen die Reissleine und hören auf

Lea Oetiker

29.10.2025

Das Ehepaar Christoph und Sarah Sager.
Das Ehepaar Christoph und Sarah Sager.
Screenshot SRF

Die Hüttenwarte der Glecksteinhütte ziehen sich zurück. Der Wandel im Hüttentourismus sei deutlich zu spüren, sagen sie – nun möchten sie wieder mehr Zeit im Tal verbringen und sich auch einmal eigene Sommerferien gönnen.

Redaktion blue News

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Christoph und Sarah Sager geben die Glecksteinhütte auf.
  • Der Wandel im Hüttentourismus und anspruchsvolle Gäste haben ihnen die Freude genommen.
  • Zudem wollen sie mehr Zeit im Tal verbringen und selbst einmal im Sommer Ferien machen können.
  • Auch andere Hüttenwarte spüren den Trend zu mehr Komfort und digitalen Bedürfnissen.

Das Ehepaar Christoph und Sarah Sager führen zusammen die Glecksteinhütte oberhalb von Grindelwald BE – auf 2317 Metern über Meer. Doch so schön, wie es einst für sie war, ist es nicht mehr.

In der letzten Folge der SRF-Dokuserie «Hüttengeschichten» spricht Christoph Sager darüber, wie sehr ihm sein Job mittlerweile schwerfällt: «Ich habe diesen Sommer ein paar Mal gesagt, jetzt gehe ich auf die Alp, mit Kühen, Geissen und Schafen, ist egal was. Die Leute gehen mir manchmal auf den Keks.»

Seit 2004 verbringt Sager jeden Sommer auf einer Hütte. Leidenschaft und Freude bestimmten lange seine Arbeit – doch inzwischen fühle sich vieles anders an. «Die Wünsche und Ansprüche, welche die Leute haben. Es ist sicher auch das Alter, welches das Gefühl bringt, aber ich denke schon auch, die Jahre gemerkt zu haben, wie sich das Klientel verändert hat.»

«Das Instagram-Publikum ist besonders streng»

Besonders das Auftreten vieler Gäste ärgere ihn: «Das Instagram-Publikum ist besonders streng für mich. Ich begreife die einfach nicht. Die kommen heute rauf, machen ihre Föteli beim Sonnenaufgang und seckeln dann wieder ins Tal. Keine Ahnung, was die herumtreibt. Die schätzen nicht, was wir hier haben.»

Die nächste wird für die Sagers die letzte sein. «Wir hören auf, geben unser Hüttenwartsleben auf», sagt Sarah. «Nächsten Sommer sind wir noch da, im Herbst 2026 hören wir aber auf», sagt sie weiter. Danach wollen sie auch mal eigene Sommerferien machen können – solange die Kinder alle noch unter einem Dach zu Hause sind.

blue News besuchte im Sommer die Tschiervahütte im Engadin. Auch Hüttenwartin Caroline Zimmermann spürt den Wandel auf den Berghütten deutlich: Die Ansprüche der Gäste nehmen stetig zu. Gefragt sind nicht mehr einfache Massenlager, sondern mehr Privatsphäre und Komfort. Zudem beobachtet sie, dass die Menschen heute deutlich häufiger E-Mails schreiben als früher – auch in den Bergen.

Auch die Muttseehütte wird regelmässig von Instagram-Touristen überrannt. Die frühere Hüttenwartin schmiss deshalb im Sommer 2024 hin. Jetzt hat die Muttseehütte im Glarnerland wieder Ruhe gefunden. Das neue Wirtepaar Rahel Koller und Cornel Ledergerber blickt auf eine fordernde, aber erfolgreiche erste Saison zurück.


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