Gefälschte Zertifikate im Umlauf Schweizer Impf-Ausweise sind sicher, Schein-Impfungen aber möglich

Von Alex Rudolf

5.10.2021

Wie lang hält der Schutz der Corona-Impfung an? Neue Daten zeigen, dass der Schutz vor schweren Krankheitsverläufen auch ein halbes Jahr nach der Impfung noch sehr hoch ist.
Wie lang hält der Schutz der Corona-Impfung an? Neue Daten zeigen, dass der Schutz vor schweren Krankheitsverläufen auch ein halbes Jahr nach der Impfung noch sehr hoch ist.
Oliver Berg/dpa/Symbolbild

Gefälschte Impfzertifikate aus Deutschland werden auch in der Schweiz für bis zu 375 Franken verkauft. Wie sieht es mit Schweizer Zertifikaten aus? Gibt es auch Fälschungen made in Switzerland?

Von Alex Rudolf

In der Schweiz sind noch immer gefälschte Covid-Zertifikate aus Deutschland erhältlich. Dies geht aus einer Recherche des Onlineportals «Watson» hervor. In einem Interview mit einem Fake-Zertifikat-Anbieter bestätigt dieser, dass man nach dem Skandal vom vergangenen Sommer habe umstrukturieren müssen und die Zertifikate neu rund 350 (rund 375 Franken) anstatt wie noch im Sommer 150 Euro (rund 160 Franken) kosten würden.

Damals kam zutage, dass im Covid-System des Deutschen Apothekerverbands gravierende Sicherheitslücken bestehen. Zertifikatsfälscher konnten sich problemlos als Apotheke ausgeben und dadurch einen eigenen Account erstellen. Auf diese Weise stellten sie auch in der Schweiz anerkannte Zertifikate aus. Nachdem das publik wurde, fuhren die Verantwortlichen dieses System herunter.

Die Fälscher arbeiten mit deutschen Apotheken zusammen

Der Fälscher sagt zu «Watson», dass man aktuell mit zwei verschiedenen Apotheken zusammenarbeite, die jeweils über mehrere Filialen verfügen. Dadurch sinke das Risiko, aufzufliegen. «Da die Zertifikate dieselbe Signatur haben, können sie nicht zurückgezogen werden, da sonst auch die Zertifikate von mehreren Tausend Kunden betroffen wären», sagt der anonyme Fälscher zu «Watson».

Seit zwei Monaten würden die Zertifikate auch in der Schweiz verkauft. Anfänglich sei die Nachfrage durch Mund-Propaganda stark gestiegen, zwischenzeitlich sei sie rückläufig, da man nicht mehr auf Telegram, sondern auf einem anderen Messenger-Dienst erreichbar sei.

Sind solche Fälle auch in der Schweiz denkbar? Oder gar bereits vorgekommen? Das vom Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) entwickelte Covid-Zertifikat gilt als sicher. Fälle von Fälschungen sind bislang noch keine bekannt. Eine entsprechende Anfrage beim federführenden Bundesamt für Gesundheit (BAG) blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Sicherheitslücken bei den Zertifikaten in der EU

In der EU werden jedoch immer wieder Sicherheitslücken öffentlich: Oftmals beziehen Personen ihren gefälschten Impfpass über Telegram und bezahlen in Bitcoin, um keine Spuren zu hinterlassen.

Auch in der Schweiz stellen neben Ärzt*innen auch Apotheker*innen Covid-Zertifikate aus. Von Fälschungen oder Fälschungsversuchen habe man noch nichts vernommen, wie eine Nachfrage beim Apothekerverband Pharmasuisse ergibt.

Für die Aufsicht über die Schweizer Apotheken sind die Kantone zuständig. Eine Nachfrage bei der Berner Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion ergibt: Noch kam es zu keinen Unregelmässigkeiten. «Nach der detaillierten Kontrolle der Impfdatenbank können wir ausschliessen, dass Zertifikate nachträglich abgeändert wurden», sagt Sprecher Gundekar Giebel. Was hingegen nicht ausgeschlossen werden könne, sind Schein-Impfungen und willentlich falsch ausgestellte Testzertifikate, fügt Giebel hinzu.

Dass dubiose Anbieter Impfzertifikate anbieten, sie aber anschliessend nicht liefern, ist der Polizei längst bekannt. Auf Cybercrimepolice wird vor solchen Angeboten gewarnt. Die Menschen fallen jedoch nur selten darauf herein. Eine Nachfrage bei der Kantonspolizei Zürich ergibt etwa, dass derzeit gegen keinen Anbieter von Zertifikat-Fakes ein Vorverfahren läuft, wie Sprecher Alexander Renner sagt. 

Fälschern drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis

Jene Fälle, die im Sommer bearbeitet wurden, verliefen offensichtlich im Sand. Damals berichtete das Schweizer Fernsehen, dass die Kantonspolizei Zürich in wenigen Fällen wegen mutmasslicher Zertifikatsfälschung ermittle.

Dass in der Schweiz beinahe niemand Fälschungen erstellt und damit handelt, dürfte auch an der potenziellen Strafe liegen. Fälscher*innen und Nutzer*innen von Fake-Covid-Zertifikaten spielen nämlich mit dem Feuer. Wie David Vasella, Anwalt für IT-Recht, zu SRF sagt, handle es sich dabei um Urkundenfälschung, worauf bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe verhängt werden können.