Halteverbot wird missachtet Zürcher Seegemeinde hat genug von Eltern-Taxis – und setzt jetzt Spione ein

Samuel Walder

5.11.2025

Männedorf will einen Schlusstrich ziehen. Falls sich das Problem mit den Elterntaxis nicht löst, wird ein Verbot ausgehängt. 
Männedorf will einen Schlusstrich ziehen. Falls sich das Problem mit den Elterntaxis nicht löst, wird ein Verbot ausgehängt. 
Ralf Hirschberger/dpa-Zentralbild/dpa

Die Gemeinde Männedorf ZH will die Sicherheit vor dem Schulhaus Blatten erhöhen – doch viele Eltern ignorieren das Fahrverbot. Nun beobachten Freiwillige das Geschehen, und ein definitives Halteverbot steht im Raum.

Samuel Walder

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  • Trotz Fahrverbot bringen viele Eltern in Männedorf ihre Kinder mit dem Auto direkt vors Schulhaus, was zu gefährlichen Situationen und Frust bei Anwohnern führt.
  • Die Gemeinde reagiert mit Beobachtungsteams und kündigt bei Erfolg ein dauerhaftes Halteverbot an, um die Sicherheit der Schulkinder zu erhöhen.
  • Die Debatte spiegelt einen landesweiten Zielkonflikt zwischen elterlicher Fürsorge und öffentlicher Verkehrssicherheit, wie ähnliche Massnahmen in anderen Städten zeigen.

Die Gemeinde Männedorf ZH hat genug. Zumindest von Autos vor dem Schulhaus. An der Hasenackerstrasse fahren nämlich Eltern ihre Kinder zur Schule und holen sie auch wieder ab. Doch obwohl dort ein temporäres Fahrverbot von Montag bis Freitag, jeweils von 7 bis 18.30 Uhr gilt, ignorieren es zahlreiche Eltern mit einem scheinbar guten Grund: «Zubringerdienst gestattet», steht auf dem Schild.

Gerade in den frühen Morgenstunden spielt sich ein Schauspiel ab, das viele Anwohner zur Weissglut treibt, wie die NZZ beschreibt: SUV reiht sich an Kombi, Eltern chauffieren ihre Kinder bis kurz vors Schulhaus Blatten, wenden in der engen Strasse, halten in Einfahrten – und riskieren dabei nicht selten gefährliche Situationen für andere Schüler.

Halloween – und jede Menge Ausreden

Eine Mutter entschuldigt sich: «Nur wegen Halloween.» Ein Vater sagt lieber gar nichts. Beide ignorieren nicht nur das Fahrverbot, sondern auch gesunden Menschenverstand, wie es Anwohner formulieren. «Sie sorgen sich um ihre eigenen Kinder – und gefährden dabei alle anderen», sagt eine Frau, die sich aktiv an der Datenerhebung beteiligt.

An der Hasenackerstrasse laden die Eltern ihre Kinder ab. (rechts zu sehen)
An der Hasenackerstrasse laden die Eltern ihre Kinder ab. (rechts zu sehen)
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Die Gemeinde Männedorf hat deswegen in einem Schreiben die Bewohner*innen extra dazu aufgefordert, das Fahrverbot zu beachten. In der Mitteilung heisst es: «Dies wurde angeordnet, weil immer mehr Elterntaxis die Sicherheit der Schulkinder gefährden und die bisherigen Massnahmen wie Kampagnen, Poller und Verkehrszeichen nicht den gewünschten Erfolg brachten.» Und weiter: «Falls diese Massnahme die erhoffte Wirkung zeigt, wird die Schule Männedorf (...) das Halteverbot definitiv einführen.»

Die Gemeinde schaut nicht länger weg – im wahrsten Sinn des Wortes. Seit kurzem beobachten Freiwillige morgens, mittags und nachmittags das Geschehen. Strichlisten dokumentieren jedes Auto, das unerlaubt hält. Erste Bilanz: 15 Fahrzeuge wurden an einem einzigen Vormittag gezählt – und das bei Sonnenschein. Bei Regen oder vor dem Wochenende sei es noch schlimmer.

Halteverbot statt Hilflosigkeit

Die Massnahme trifft einen wunden Punkt. Denn laut einer AXA-Studie fahren 27 Prozent aller Eltern in der Schweiz ihre Kinder mindestens einmal pro Woche mit dem Auto zur Schule, berichtet die NZZ. In der Westschweiz sogar fast jeder Zweite. 

In Wädenswil etwa reagierte die Stadt bereits letztes Jahr mit einem Halteverbot, nachdem ein Mädchen von einem Lieferwagen angefahren wurde. Seither herrsche dort Ruhe, so Schulpräsident Pierre Rappazzo. Auch in anderen Städten im Kanton Zürich und in anderen Kantonen – etwa in Bern – sind die Verbote bereits Realität.

Zwischen Verantwortung und Realität

Die Debatte polarisiert. Viele Eltern sehen sich im Zwiespalt zwischen Sicherheitsbedürfnis und gesellschaftlicher Erwartung. «Manchmal geht es nicht anders», sagt eine Mutter, die ihr Auto immerhin in einer Nebenstrasse parkt. Andere plädieren für Verständnis – sei es wegen eines «Waldtags» oder übermüdeter Kinder nach Halloween.

Die Gemeinde Männedorf setzt derweil auf Kommunikation statt Repression. Beatrice Scherrer, Leiterin Bildung, betont gegenüber der NZZ: «Wir wollen niemanden bestrafen, aber für Sicherheit sorgen.» Besonders heikel seien unübersichtliche Rückwärtsmanöver auf der engen Strasse – Kleinkinder würden oft trotz Rückfahrkameras übersehen.