Die Schweiz nimmt kommendes Jahr 800 besonders verletzlichen Flüchtlinge direkt aus Krisengebieten auf, mehrheitlich aus dem Syrienkrieg. Auch in den Folgejahren will die Landesregierung Kontingentsflüchtlinge aufnehmen.
Zum Konzept für die Folgejahre will der Bundesrat aber zuerst die parlamentarischen Kommissionen konsultieren, wie Justizministerin Simonetta Sommaruga am Freitag vor den Medien in Bern sagte.
Das Konzept sieht vor, dass alle zwei Jahre über ein Programm für die Aufnahme von 1500 bis 2000 Flüchtlingen entschieden wird. Sollten die Asylgesuchszahlen stark ansteigen, könnte die Zahl reduziert oder die Aufnahme der Kontingentsflüchtlinge ganz ausgesetzt werden.
Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern von Bund, Kantonen, Gemeinden und Städten hatte das Konzept ausgearbeitet. Sie schlug allerdings vor, alle vier Jahre zu entscheiden und grössere Gruppen aufzunehmen, wie Sommaruga sagte.
Lange Tradition
Bei den Kontingentsflüchtlingen handelt es sich um Personen, die das Uno-Hochkommissariat UNHCR als Flüchtlinge anerkannt hat. Seit dem Zweiten Weltkrieg hat die Schweiz immer wieder Kontingentsflüchtlinge aufgenommen. Nach einem Unterbruch beschloss der Bundesrat 2013, dieses Engagement fortzuführen. Seither hat die Schweiz insgesamt 3500 Personen in diesem Rahmen aufgenommen.
Das aktuelle Kontingent werde im Frühjahr ausgeschöpft sein, sagte Sommaruga. Deshalb habe der Bundesrat nun die Aufnahme von 800 Personen im nächsten Jahr beschlossen. Das entspreche dem Engagement in den letzten vier Jahren.
17 Jahre im Flüchtlingslager
Das oberste Ziel sei es immer, Flüchtlingen in der Herkunftsregion Schutz zu gewähren oder die Rückkehr ins Heimatland zu fördern, sagte Sommaruga. Bei verschiedenen Konflikten sei eine Rückkehr aber nicht möglich. Durchschnittlich lebten Flüchtlinge 17 Jahre in Lagern des UNHCR.
Im letzten Jahr habe das UNHCR im Rahmen der Resettlement-Programme für 1,2 Millionen Menschen einen sicheren Drittstaat gesucht. Gefunden habe es einen solchen nur für rund 100'000 Personen.
Die Aufnahme von Flüchtlingen direkt aus Krisengebieten vermindere auch die irreguläre Migration und diene dem Kampf gegen Menschenschmuggel und Menschenhandel, gab Sommaruga zu bedenken. Sie verhindere, dass vulnerable Personen - Frauen, Kinder und alte Menschen - die gefährliche Fahrt übers Mittelmeer auf sich nehmen müssten.
Die Justizministerin erinnerte ferner daran, dass 85 Prozent aller Flüchtlinge in Entwicklungsländern lebten. Diese Staaten forderten, dass sie entlastet würden. Die Schweiz stehe mit ihrem Engagement nicht alleine da: Deutschland habe vor kurzem die Aufnahme von 10'000 Kontingentsflüchtlingen beschlossen, Frankreich habe ein Engagement im selben Umfang in Aussicht gestellt.
Weniger Asylgesuche
In den letzten Monaten sind die Asylgesuchszahlen in der Schweiz gesunken. Bis Ende Jahr werden es insgesamt 16'000 Asylgesuche sein. Dies habe auch mit der strikten Politik bei offensichtlich unbegründeten Gesuchen zu tun, sagte Sommaruga.
Sie stellte weiter klar, dass es bei Kontingentsflüchtlingen selten zu einem späteren Familiennachzug komme. Meistens kämen diese Flüchtlinge als Familien. Bevor sie in die Schweiz einreisen können, prüft der Nachrichtendienst die Dossiers.
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