Problematisches Geschäft Schweiz soll sich für 63 Millionen an Frankreichs Spähsatelliten andocken

dor/uri

14.2.2019

NDB-Chef Jean-Philippe Gaudin spricht am 19. Oktober 2018 bei einer Medienkonferenz anlässlich seiner ersten 100 Tage im Amt.
NDB-Chef Jean-Philippe Gaudin spricht am 19. Oktober 2018 bei einer Medienkonferenz anlässlich seiner ersten 100 Tage im Amt.
Bild: Keystone/Anthony Anex

Der Nachrichtendienst des Bundes will die Beteiligung an einem französischen Spionagesatelliten-System – und begibt sich damit auf Kollisionskurs mit Neutralitätsgrundsätzen.

In enger Kooperation mit Frankreichs Verteidigungsministerium will der Chef des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB), Jean-Philippe Gaudin, die Schweiz an militärische Spionagesatelliten Frankreichs andocken. Dies berichtet der «Tages-Anzeiger» unter Berufung auf nicht-klassifizierte Unterlagen, die der Zeitung vorliegen. Gaudin, früherer Schweizer Militärattaché in Paris und ehemaliger Chef des Militärischen Nachrichtendienstes (MND), soll das «rechtlich fragwürdige Geheimprojekt» seit seinem Amtsantritt im vergangenen Juli vorangetrieben haben. 



Laut dem Bericht soll Gaudin seinem ehemaligen politischen Vorgesetzten, Bundesrat Guy Parmelin, 2018 eine Beteiligung am französischen Satellitenprogramm «Composante Spatiale Optique» (CSO) vorgeschlagen haben. Das Ziel: ein Spähsatellit, der vom All aus hochaufgelöste Bilder liefert, mit dem die Schweiz weltweit militärisches Vorgehen identifizieren kann. Die vom MND von kommerziellen Anbietern erworbenen Satelliten­bilder sind dem Vernehmen nach nicht von ausreichend hoher Qualität. Die Kooperation mit den Franzosen soll demnach Abhilfe schaffen.

15 Bilder täglich

Gaudins Vorschlag: Für umgerechnet 63 Millionen Franken Eintrittspreis plus einen jährlichen Betriebsaufwand in Höhe von umgerechnet fast 1,5 Millionen Franken soll der Schweizer Nachrichtendienst täglich bis zu 15 hochaufgelöste Bildern vom französischen Satellitensystem bekommen. Für die nächsten zehn Jahre sollen sich die vom Verteidigungsdepartement (VBS) berechneten projektbezogenen Kosten auf umgerechnet fast 95 Millionen Franken belaufen, heisst es in dem Bericht. 



Gaudins Projekt soll allerdings ins Stocken geraten sein. Grund seien «schwere neutralitätsrechtliche und neutralitätspolitische Bedenken», die die Direktion für ­Völkerrecht im Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) in einer von Direktorin Corinne Cicéron Bühler unterzeichneten Stellungnahme angebracht hat.

Problematische Zahlung

Demnach sei der reine Bezug von Satellitenbildern neutralitätsrechtlich zwar unproblematisch, das gelte allerdings nicht für die damit verbundenen Zahlungen an Frankreich, das häufig in internationalen militärischen Konflikten involviert ist. Als mögliche Lösung für die Problematik wird in der Stellungnahme deshalb vorgeschlagen, die Einmalzahlung von 56 Millionen Euro in zehn Jahres-Tranchen zu stückeln, um den Betrag so unter dem Radar der internationalen Wahrnehmung durchzuschmuggeln.

Bezüglich Nachfragen des «Tages-Anzeigers» reagierte das VBS angeblich zurückhaltend. Das Departement, das inzwischen Viola Amherd (CVP) untersteht, liess verlauten, man verfolge die «Entwicklung des französischen Satellitenaufklärungssystems CSO sehr genau.» Gelten würde vor allem aber auch, dass die Beteiligung an entsprechenden Programmen vom Parlament genehmigt werden müsse.

Die Zukunft von Gaudins Satellitenprojekt mit Frankreich scheint damit laut der Zeitung unsicherer denn je.

Bilder aus der Schweiz
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