Sozialhilfe«Sippenhaft» für Ausländerkinder: Amherd kontert Keller-Sutter
sob
16.1.2020
Im Bundesrat bremst Viola Amherd (CVP) Justizministerin Karin Keller-Sutter aus. Die FDP-Magistratin wollte Kinder von ausländischen Sozialhilfebezügern abstrafen. Amherd spricht von «Sippenhaft».
Zoff statt Harmonie zwischen den beiden Bundesrätinnen, die vor gut einem Jahr gleichzeitig in die Landesregierung gewählt wurden. Karin Keller-Sutter (FDP) hatte als Justizministerin den Auftrag, Pläne umzusetzen, die schon seit Jahren auf dem Tisch liegen: Sozialhilfe für Ausländer, die weder Asylsuchende noch EU-Bürger sind, einzuschränken.
Amherd: «Sippenhaft»
Nun hat Keller-Sutter offenbar übers Ziel hinausgeschossen. Ihre Vorschläge wurden im Regierungsgremium nicht nur von der SP abgelehnt, sondern auch von der CVP-Bundesrätin Viola Amherd, schreibt der «Tages-Anzeiger». Er stützt sich dabei auf einen vertraulichen Mitbericht aus Amherds Verteidigungsministerium an den Bundesrat. Darin wirft die CVP-Bundesrätin der Justizministerin vor, die «Sippenhaft» gegen ausländische Kinder einführen zu wollen.
Worum geht es? Keller-Sutter wollte Kindern die Einbürgerung verbieten, falls deren Eltern irgendeinmal Sozialhilfe bezogen haben. Eine ähnliche Verknüpfung gibt es zwar schon heute, aber nur für Erwachsene: Wer vor seinem Einbürgerungsgesuch Sozialhilfe bezog, bekommt den roten Pass in der Regel nicht. Dieser Ausschlussgrund gilt jedoch nicht für minderjährige Kinder, die ohne ihre Eltern das Bürgerrecht beantragen. Keller-Sutter wolle Kinder wegen ihrer Eltern bestrafen, kritisierte Amherd. Dabei seien solche Kinder meist seit ihrer Geburt in der Schweiz.
In allen andern drei Punkten war sich der Bundesrat einig: Die Schweiz soll Ausländern aus Drittstaaten, die Sozialhilfe beziehen, leichter die Niederlassungsbewilligung (C-Ausweis) wegnehmen können. Vorläufig aufgenommene Flüchtlinge sollen weniger leicht die Aufenthaltsbewilligung (B-Ausweis) erhalten. Und Ausländer mit B-Ausweis sollen in den ersten drei Jahren weniger Sozialhilfe erhalten als Schweizer.
Gegen die vorzeitige Entsorgung älterer Menschen Arbeitsmarkt: Kundgebung von Aktivisten und Aktivistinnen des Vereins «50plus» im April 2015 in Bern. Schon ab Mitte 40 steigt in der Schweiz das Risiko, in er Sozialhilfe zu landen. (Archivbild)
Bild: KEYSTONE/LUKAS LEHMANN
Schon ab 46 Jahren wächst heute das Risiko, aus dem Arbeitsmarkt herauszufallen und in der Sozialhilfe zu landen. Teilnehmerinnen einer Kundgebung gegen die Altersdiskriminierung in Bern. (Archivbild)
Bild: KEYSTONE/PETER SCHNEIDER
Ein sicheres Einkommen zu erzielen wird für Personen ohne Berufsabschluss und über 46-Jährige immer schwieriger. Das Risiko, aus dem Arbeitsmarkt zu fallen und auf Sozialhilfe angewiesen zu sein, ist in diesen Kategorien stark angestiegen. (Themenbild)
Bild: KEYSTONE/GAETAN BALLY
Vom Arbeitsmarkt ausgemustert und ausgestempelt: für Personen ohne Berufsbildung und über 46-Jährige ist in den letzten zehn Jahren das Risiko deutlich grösser geworden, dass sie in der Sozialhilfe landen. (Themenbild)
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