Brauchen jene Menschen, die das 65. Altersjahr erreicht haben, eine Motivation zum Weiterarbeiten? Ja, findet die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats.
Das Gremium reichte daher einen Vorstoss ein, wonach der Bundesrat Massnahmen ergreifen soll, die genau dafür einen Anreiz schaffen. Denn: «Heute fehlt ein steuertechnischer Anreiz, nach dem Erreichen des ordentlichen Rentenalters weiterhin erwerbstätig zu sein.»
Beim Eintritt ins Pensionsalter sinkt das Einkommen teilweise rapide. Das Medianeinkommen der Schweizer*innen geht beim Übertritt von 57'600 Franken auf 43'800 Franken herunter, wie die Kommission in ihrem Vorstoss schreibt.
So kann man sich ein finanzielles Polster zulegen
So steige mit der Verlängerung vom «Übergang vom agilen zum fragilen Menschen» im vierten Lebensalter die Notwendigkeit, sich ein finanzielles Polster zuzulegen. Dies, um den steigenden Betreuungskosten entgegenzuwirken, schreibt die Kommission weiter. Fehlt ein solches Polster, muss die Allgemeinheit dafür aufkommen.
Darüber hinaus könne mit arbeitstätigen Rentner*innen auch der Fachkräftemangel bekämpft werden, heisst es. «Dadurch können jüngere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nachhaltiger von der wertvollen Erfahrung dieser Menschen im Arbeitsprozess profitieren.»
Und letztlich würde mit solchen Massnahmen auch der Druck auf die Sozialwerke geringer, insbesondere auf die Altersvorsorge.
Für die Streichung der Steuern auf die AHV-Rente
Eine Minderheit bestehend aus Kommissionsmitgliedern von Mitte-Links ist gegen die Motion. Nationalrat Kilian Baumann (Grüne/BE) hält eine steuerliche Begünstigung einer bestimmten Gruppe für ein ungeeignetes Mittel.
Doch sei man grundsätzlich dafür, dass das Arbeiten über das Rentenalter hinaus gefördert wird. Doch der bevorzugte Weg ist ein anderer.
«Auch wir wollen, dass Rentnerinnen und Rentner am Ende des Monats mehr Geld in der Tasche haben», sagt er. Möglich sei etwa, dass man auf die AHV-Rente keine Einkommenssteuer mehr entrichte. Bestrebungen seien bereits im Gang, welche das Anliegen aufgreifen, sagt Baumann.
Auch der Bundesrat ist gegen die Vorlage. In seiner Begründung schreibt er, dass alle Einkünfte der Einkommenssteuer unterliegen. Eine privilegierte Behandlung von Senior*innen würde unter anderem den Grundsatz der Rechtsgleichheit durchbrechen.
40 Prozent treten schon früher aus dem Erwerbsleben aus
Grundsätzlich ist er aber gewillt, Anreize für ältere Arbeitnehmer*innen zu schaffen, damit diese länger im Erwerbsleben bleiben. Ein im vergangenen Dezember erschienener Bericht des Bundesrats zeigt auf, dass bereits heute ein Drittel aller Versicherten trotz Eintritt ins Rentenalter weiterarbeiten. Dennoch bestehe gewisses Potenzial, denn 27 Prozent beenden ihre Berufstätigkeit, während weitere 40 Prozent bereits vor dem Rentenalter nicht mehr erwerbstätig sind.
Eine wichtige Rahmenbedingung sei etwa eine Flexibilität der Arbeitszeit für eine Weiterbeschäftigung im Rentenalter, heisst es weiter. Dies kann im Rahmen eines graduellen Arbeitsrücktritts geschehen
Am Mittwoch kommt die Vorlage in den Ständerat. Als Erstrat sagte der Nationalrat ja zur Motion. Tut dies auch der Ständerat, muss der Bundesrat handeln.