ToxikologieSpinnengift ist eine raffinierte Mischung
SDA
2.5.2019 - 10:34
Spinnengift ist eine gefährliche Mischung aus verschiedenen Substanzen. Forschende der Universität Bern zeigen, wie raffiniert die Bestandteile dieses Giftcocktails zusammenwirken, um Beute ausser Gefecht zu setzen.
Bisher fokussierte die Forschung vor allem auf im Spinnengift enthaltene Neurotoxine (Nervengifte). Die anderen Bestandteile der Giftmischung wurden grösstenteils ausser Acht gelassen. Diese stellen aber einen wichtigen Teil des Angriffs von Spinnengift auf den Organismus der Beute dar, wie Forschende um Lucia Kuhn-Nentwig und Wolfgang Nentwig von der Universität Bern im Fachblatt «Toxins» beschreiben.
Die Forschenden haben die Produkte der Spinnengiftdrüse am Beispiel der handtellergrossen Jagdspinne Cupiennius salei genauer analysiert, wie die Uni Bern am Donnerstag mitteilte. Demnach lösen die verschiedenen Bestandteile des Spinnengifts im Beutetier diverse, exakt aufeinander abgestimmte Wechselwirkungen aus.
Armada an Substanzen
«Spinnengift ist mehr als ein Toxin, es ist eine ganze Armada von Substanzen, die auf maximal vielen verschiedenen Wegen einen Organismus angreifen, lähmen und töten», erklärte Kuhn-Nentwig gemäss der Mitteilung.
Diesen hocheffektiven Wirkmechanismus des Gifts beschreiben die Forschenden im Fachartikel mit dem Begriff «Duale Beute-Inaktivierungsstrategie». Darunter fassen sie auf der einen Seite die Nervengifte, auf der anderen einen unspezifischen, stoffwechselbedingten Teil.
«Beide Teile der Strategie interagieren sehr eng miteinander», sagte Kuhn-Nentwig. «Nicht nur Muskeln und Nervensystem der Beutetiere werden angegriffen, auch die innere Homöostase, das physiologische Gleichgewicht in einem Organismus, wird durch die Blockade von Ionenkanälen und verschiedenen Stoffwechselwegen gestört.»
Massiver Angriff auf Beuteorganismus
Der Angriff auf Muskeln und Nerven löst Krämpfe und Lähmungen aus. Andere Bestandteile des Giftcocktails zerstören das Gewebe der Beutetiere und erleichtern so den Nervengiften die Verbreitung im Organismus. Dies löst zudem langfristig Schmerzen und Entzündungen aus. Weitere Komponenten bringen den Energiehaushalt durcheinander, indem sie den Blutzucker erhöhen und die Körperfunktionen der Beute damit massiv stören.
Die wesentlichen Giftkomponenten sind in ihrer Wirkung exakt aufeinander und auch auf verschiedene Stoffwechselwege abgestimmt, schrieb die Universität Bern. «Diese duale Beute-Inaktivierungsstrategie ist sehr effektiv – sie reduziert das Risiko, dass die Spinne ein Beutetier verliert und auch, dass potenzielle Beutetiere langfristig eine Resistenz gegen Spinnengift entwickeln», so Kuhn-Nentwig.
Spinnengifte werden rege erforscht, beispielsweise um die Grundlage für Wirkstoffe für Nervenerkrankungen zu schaffen. Erfolgreich war man bisher insbesondere bei der Entwicklung von möglichen neuen Insektiziden, so die Uni Bern.
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