Nach Sparhammer SRF lässt kritische Posts von Mitarbeitenden löschen

Carlotta Henggeler

8.2.2025

SRF baut bis Ende 2026 insgesamt 50 Stellen ab. 
SRF baut bis Ende 2026 insgesamt 50 Stellen ab. 
Archivbild: sda

Schweizer Medienschaffende haben auf den SRF-Sparhammer in den sozialen Medien reagiert. Inzwischen sind einige Posts gelöscht worden. Laut Quellen von blue News offenbar auf Weisung von ganz oben. 

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Carlotta Henggeler, Sven Ziegler

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der angekündigte Sparhammer von SRF wurde öffentlich von Mitarbeitenden kritisiert. 
  • Nun sind alle Posts verschwunden.
  • blue News weiss: Es gab Druck von ganz oben. 

Es ist eine schwarze Woche für den Journalismus in der Schweiz. SRF hat diese Woche neue Sparmassnahmen angekündigt. Im Rahmen des strategischen Unternehmensprojektes «SRF 4.0» baut das Schweizer Fernsehen SRF 50 Vollzeitstellen ab und spart bis Ende nächsten Jahres 8 Millionen Franken ein, blue News berichtete

Nach dem Bekanntwerden der Sparmassnahmen teilen zahlreiche SRF- Redaktor*innen auf LinkedIn ihre Gedanken – teils wird auch scharfe Kritik geäussert. «Damit wird der SRF-Wissenschaftsredaktion das Herz herausgerissen», heisst es etwa in einem Beitrag. Oder: «Damit wird der Wissenschaftsjournalismus bei SRF deutlich geschwächt.» Auch weitere Posts gehen in eine ähnliche Richtung. 

Am Freitagabend ist davon nichts mehr zu sehen. Sämtliche Posts, die sich zu den Sparmassnahmen kritisch äussern, sind verschwunden. Prominente Vertreter der Wissenschaft, etwa ETH-Professor Reto Knutti, greifen das Thema auf: «SRF will bei der Wissenschaftsredaktion massiv abbauen, aber unterbindet die Diskussion dazu», heisst es.

Auch Priscilla Imboden, Republik-Redaktorin und ehemalige SRF-Mitarbeiterin, schreibt: «Es ist schade, dass SRF die Debatte scheut.»

SRF-Chefetage greift ein

blue News weiss von drei unabhängigen Quellen: Die von SRF-Internen nach aussen getragene Kritik wird von hoher Stelle unterbunden. «Wir wurden nicht explizit zur Löschung aufgefordert», sagt ein Mitglied der Wissenschaftsredaktion. «Aber uns wurde klar gemacht, dass solche Posts nicht gerne gesehen werden – gerade im aktuellen Kontext. Die Posts sind ja alle mehr oder weniger zeitgleich verschwunden – da kann sich jeder denken, was er will.»

Ein anderes Mitglied sagt: «Ich habe mitbekommen, wie ein Leitungsmitglied einen Redaktor auf seinen Post angesprochen hat. Die leitende Person hat meinem Kollegen gesagt, es wäre besser, wenn solche kritischen Diskussionen nicht in der Öffentlichkeit ausgetragen würden.» Die Redaktoren wollen aktuell anonym bleiben – aus Angst vor möglichen Konsequenzen in der anstehenden SRF-Sparrunde. 

Ein drittes Mitglied schreibt: «Wir haben unsere Gedanken öffentlich geteilt und mussten diese entfernen – mit Verweis auf die publizistischen Leitlinien. Völlig lächerlich, man will uns einfach mundtot machen.»

SRF bestätigt Gespräche

Die SRF-Medienstelle sagt auf Anfrage von blue News: «Nach der Ankündigung der Sparmassnahmen aufgrund des sinkenden Budgets sind die Mitarbeitenden enttäuscht, das ist verständlich.» 

SRF nehme diese kritischen Stimmen ernst und sei mit den Mitarbeitenden in engem Kontakt. «Trotzdem: Kritik am Arbeitgeber soll intern angebracht werden, nicht in der Öffentlichkeit. Das ist so auch in den Publizistischen Leitlinien von SRF festgehalten. Entsprechend gab es gestern Freitag Gespräche zwischen den Mitarbeitenden und den Vorgesetzten», bestätigt SRF. «Daraufhin haben die Mitarbeitenden entsprechende Posts in ihren privaten LinkedIn-Accounts gelöscht.»

«Das Budget von SRF sinkt, weshalb Sparmassnahmen auch im Angebot leider unvermeidlich sind», heisst es weiter. In diesem Zusammenhang werde das «Wissenschaftsmagazin» 2026 eingestellt. «Trotzdem: Wissenschaftsjournalismus ist und bleibt bei SRF wichtig», so die Medienstelle.


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