Überbrückungshilfe Staatlicher Notgroschen bei Abwahl – damit könnte es bald vorbei sein

SDA/aka

21.10.2019 - 14:57

Die abgewählte Rosmarie Quadranti (BDP/ZH) will die Überbrückungshilfe nicht beanspruchen – «und wenn doch, würde ich es nicht sagen». (Archivbild)
Die abgewählte Rosmarie Quadranti (BDP/ZH) will die Überbrückungshilfe nicht beanspruchen – «und wenn doch, würde ich es nicht sagen». (Archivbild)
Source: Keystone/Anthony Anex

Eine Abwahl schmerzt nicht nur persönlich, sie kann auch finanziell schwere Folgen haben. Seit 2003 können Betroffene eine Überbrückungshilfe beantragen. Doch das soll sich ändern.

Überraschend abgewählt. Das schmerzt. Und verlangt eine Neuorientierung. Nicht selten auch eine finanzielle. Heute können Betroffene vom Staat Hilfe für eine Überbrückung beantragen. Doch wie lange noch?

Die ehemalige SVP-Nationalrätin und heutige Zürcher Regierungsrätin Natalie Rickli hatte vor fast drei Jahren mit einer parlamentarischen Initiative die Abschaffung der Überbrückungshilfe verlangt. Diese war 2003 eingeführt worden. Ricklis Änderungsvorschlag muss nun noch von den Räten angenommen werden. Die jetzige Generation der unfreiwillig Abgewählten und der freiwillig Abgetretenen kommt auf jeden Fall in den Genuss des Notgroschens.

Drei bis sieben Gesuche

Viele werden es nicht sein: So drei bis sieben Ausgeschiedene stellen jeweils ein Gesuch, wie Mark Stucki von den Parlamentsdiensten auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA erklärte. Sie können, sofern sie das Pensionsalter noch nicht erreicht haben, für höchstens zwei Jahre Überbrückungshilfe im Maximalbetrag der Rente beantragen. Für alle zusammen stehe ein Gesamtbetrag von 170'000 Franken bereit.



Es wird eine Weile dauern, bis man wissen wird, wie viele Abgewählte und nicht mehr Angetretene das Angebot beanspruchen. Denn um ein Gesuch zu stellen, «reicht kein einfacher Brief», sagt Stucki. Die Antragssteller müssten gegenüber der Verwaltungsdelegation ihre finanziellen Verhältnisse detailliert offenlegen.

Notgroschen ist schambesetzt

Die meisten Abgewählten dürften sich die Sache mit der staatlichen Finanzkrücke noch gar nicht überlegt haben. Die nach acht Jahren abgewählte Tessinerin Roberta Pantani von der Lega beispielsweise hat diese Möglichkeit noch nicht erwogen, wie sie auf Anfrage sagte. Da sie Arbeit habe, sei sie nicht auf Überbrückung angewiesen und denke eher, dass sie davon nicht Gebrauch machen werde.



Die abgewählte Zürcher BDP-Nationalrätin Rosmarie Quadranti erinnert auf Anfrage daran, dass die Beanspruchung der Überbrückungshilfe schambesetzt sei. Würde sie ein Gesuch um Beihilfe stellen, «würde ich Ihnen das wohl kaum sagen». Sie sei daran, ihre Firma zu aktivieren und warte auf ein VR-Mandat. «Dort könnte es ja auch noch Frauen brauchen».

Gar keinen Bedarf für Überbrückung hat der abgewählte Freiburger Jean-François Rime (SVP), wie er auf Anfrage lachend sagt. Er sei wohl einer der wenigen Parlamentarier, die mehr Steuern bezahlen, als sie für ihr Nationalratsmandat erhalten.

Eine knappe Million in 14 Jahren

Von 2004 bis 2018 wurden Überbrückungshilfen in der Höhe von 923'000 Franken ausbezahlt, wie dem Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates (SPK) zum Gesetzesentwurf über die Abschaffung der Überbrückungshilfe zu entnehmen war. Die Höhe der Unterstützungsbeiträge variierte dabei stark von Jahr zu Jahr, erreichte ihre Spitzen aber immer im Jahr nach den eidgenössischen Wahlen.

In der 49. Legislaturperiode (2011-2015) haben gemäss Bericht sieben abgewählte Ratsmitglieder und eine nicht mehr antretende Person eine Überbrückungshilfe erhalten. In der 50. Legislaturperiode (2015-2019) waren es zwei abgewählte und zwei nicht mehr antretende Ratsmitglieder. Gesuche aufgrund von Bedürftigkeit wurden keine gestellt.

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