Jetzt entschuldigt sich Leutenegger Sexualstraftäter darf jahrelang an Schule arbeiten

Samuel Walder

20.12.2024

In einem offenen Brief gibt Stadtrat Filippo Leutenegger zu, dass man von den Straftaten des Beschuldigten wusste. (Archivbild)
In einem offenen Brief gibt Stadtrat Filippo Leutenegger zu, dass man von den Straftaten des Beschuldigten wusste. (Archivbild)
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Ein verurteilter Sexualstraftäter konnte trotz rechtskräftiger Verurteilung jahrelang an einer Schule für beeinträchtigte Kinder arbeiten. Stadtrat Filippo Leutenegger schreibt einen offenen Brief und gibt zu: Man wusste davon.

Samuel Walder

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  • Ein verurteilter Sexualstraftäter wurde trotz bekannter Vergangenheit jahrelang an einer Schule für beeinträchtigte Kinder beschäftigt.
  • Experten und Eltern kritisieren die Schule und das Schulamt scharf für das Ignorieren von Warnzeichen – einschliesslich eines Grooming-Versuchs.
  • Nach heftiger Kritik entschuldigt sich Stadtrat Filippo Leutenegger, räumt Fehler ein und verspricht strengere Schutzmassnahmen.

Über Jahre hinweg arbeitete ein verurteilter Sexualstraftäter als Betreuer an einer Schule für beeinträchtigte Kinder – und das, obwohl die Schulleitung und das Schulamt von seiner Vergangenheit wussten. Die Entscheidung, den Mann trotz schwerwiegender Vorwürfe weiterzubeschäftigen, sorgt für Entsetzen und wirft Fragen nach der Verantwortung auf.

Im Jahr 2018 wurde der Betreuer, damals 53 Jahre alt, in flagranti erwischt, wie er einen schwer behinderten Mann in einem Heim im Kanton Zürich sexuell missbraucht hat. Der Vorfall wurde umgehend gemeldet – auch an die Schule, an der der Mann ebenfalls als Betreuer tätig war. Doch anstatt ihn sofort freizustellen oder zu entlassen, liess man ihn nach nur zwei Monaten Pause wieder arbeiten – im Fahrdienst für die Schüler.

Dabei hätte besondere Vorsicht geboten sein müssen: Die Schülerinnen und Schüler der Schule sind teils schwer beeinträchtigt, einige können sich nicht verbal äussern und wären Übergriffen schutzlos ausgeliefert. Dennoch blieb der Mann weiter im Einsatz, sogar nachdem er 2019 erstinstanzlich und 2021 durch das Zürcher Obergericht rechtskräftig wegen Schändung verurteilt wurde. Erst nach einer Bestätigung durch das Bundesgericht im Jahr 2022 kam es zur Kündigung – mehr als drei Jahre nach der Tat.

Expertinnen entsetzt, Eltern in Aufruhr

Die Entscheidung der Schule, den Mann weiterhin zu beschäftigen, löste breite Kritik aus. Der Stadtzürcher Ombudsmann erklärte in seinem Bericht im November, dass es unverantwortlich gewesen sei, den Mann nur intern zu versetzen. Aus seiner Sicht hätte er entweder freigestellt oder in einen Bereich ohne Kontakt zu Kindern und Jugendlichen versetzt werden müssen.

Das Schul- und Sportdepartement verteidigte sich jedoch. Man habe «keinerlei Hinweise» auf ein Fehlverhalten während der Tätigkeit des Mannes an der Schule gehabt. Diese Argumentation stiess bei Eltern und Experten auf Unverständnis – zumal bekannt wurde, dass der Mann während seiner Anstellung über eine längere Zeit versucht hatte, über private Nachrichten Kontakt zu einer Mutter eines potenziellen Opfers aufzubauen. In der Fachsprache nennt man solche Annäherungsversuche «Grooming».

Der Wendepunkt: Schuldepartement räumt Fehler ein

Nach heftiger Kritik und einem «verunglückten» Brief an die Eltern rudert Stadtrat Filippo Leutenegger (FDP), Vorsteher des Schul- und Sportdepartements, zurück. In einem Schreiben erklärt er am Mittwochabend, es sei ein Fehler gewesen, den Mann nach der Tat 2018 wieder einzusetzen.

Insbesondere nach der ersten Verurteilung hätte man konsequenter handeln müssen. Leutenegger gestand auch ein, dass die versuchte Kontaktaufnahme des Mannes mit einer Mutter als Vorfall hätte gewertet werden müssen – etwas, das zuvor bestritten wurde.

In dem Brief entschuldigte sich Leutenegger «in aller Form» für die entstandene Unsicherheit und kündigte an, den Fall umfassend zu analysieren sowie Massnahmen zu ergreifen, um solche Vorfälle künftig zu verhindern. Ein überarbeiteter Verhaltenskodex und ein verstärkter Schutz für Schülerinnen und Schüler sollen künftig sicherstellen, dass sich derartige Fehler nicht wiederholen.

Politische Konsequenzen: Stadtrat unter Druck

Doch die Affäre hat bereits die politische Ebene erreicht. Vertreterinnen der SP, AL und Grünen haben im Zürcher Gemeinderat einen dringlichen Vorstoss eingereicht, der Antworten auf zentrale Fragen verlangt: Wer trägt die Verantwortung für diesen Fall? Und welche Konsequenzen zieht Leutenegger daraus? Der Stadtrat hat nun einen Monat Zeit, die Fragen zu beantworten.

Am gestrigen Donnerstagabend wird zudem ein Informationsabend für Eltern an der Schule stattfinden. Viele besorgte Mütter und Väter werden sich dort wohl fragen, warum die Fehler erst jetzt eingestanden werden – und wie sichergestellt wird, dass ihre Kinder in Zukunft besser geschützt werden.

Der Redaktor hat diesen Artikel mithilfe von KI geschrieben.