Raumplanung Ständerat will neue Regeln zum Bauen ausserhalb des Baugebiets

su, sda

9.6.2022 - 04:31

Der Ständerat will das Bauen ausserhalb von Baugebieten neu regeln. Er hat bei der zweiten Etappe der Revision des Raumplanungsgesetzes erste Pflöcke eingeschlagen. (Themenbild)
Der Ständerat will das Bauen ausserhalb von Baugebieten neu regeln. Er hat bei der zweiten Etappe der Revision des Raumplanungsgesetzes erste Pflöcke eingeschlagen. (Themenbild)
Keystone

Das Bauen ausserhalb von Baugebieten soll neu geregelt werden. Der Ständerat hat beim neuen Anlauf für den zweiten Teil der Raumplanungsreform Eckwerte gesetzt. Den Kantonen gibt er Spielraum, will aber die Zahl der Bauten ausserhalb der Bauzonen stabilisieren.

su, sda

Der Ständerat nahm am Donnerstag die zweite Etappe der Revision des Raumplanungsgesetzes in Angriff. Die Vorlage hatte in wesentlichen Teilen seine Umweltkommission (Urek-S) erarbeitet und dabei Anliegen der Landschaftsinitiative aufgenommen. Aus Zeitgründen konnte der Ständerat die Beratung aber nicht beenden.

Bereits beschlossen hat der Rat das Herzstück der Gesetzesrevision: ein Stabilisierungsziel für Gebiete ausserhalb der Bauzonen. Die Kantone sollen im Richtplan ein Gesamtkonzept zur Erreichung dieses Zieles festlegen müssen, dem Bund regelmässig Bericht erstatten und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen.

Erfassen müssen die Kantone etwa die Zahl der neu erstellten und abgebrochenen Gebäude und auch die Entwicklung der Bodenversiegelung. Passen die Kantone ihre Richtpläne nicht innert fünf Jahren entsprechend an, dürfen sie ohne Kompensation keine neuen Gebäude ausserhalb ihrer Baugebiete bewilligen.

Spielraum mit Spezialzonen

Ausserhalb der Bauzonen will der Ständerat nicht nur die Zahl der Gebäude stabilisieren, sondern auch die Bodenversiegelung – also wasserdicht befestigte Flächen – in ganzjährig bewirtschafteten Gebieten. Eine Ausnahme will er für die Landwirtschaft und – auf Antrag einer Minderheit – auch für touristische Aktivitäten machen.

Den Kantonen gibt der Ständerat Spielraum: Um wirtschaftliche Entwicklungen zu ermöglichen, können sie ausserhalb der Baugebiete in Spezialzonen nicht an den Standort gebundene Nutzungen zulassen. Dafür gelten Auflagen, etwa Kompensations- und Aufwertungsmassnahmen.

Die Mehrheit der Urek-S hätte dies nur für Berggebiete zulassen wollen. Der Rat folgte aber mit 28 zu 17 Stimmen der Minderheit und gab das Instrument allen Kantonen in die Hand. «Gemäss Bundesamt für Statistik umfasst das Berggebiet 71 Prozent der Landesfläche», sagte Minderheitsvertreter Daniel Fässler (Mitte/AI).

Zudem will der Ständerat in Spezialzonen und mit denselben Auflagen das Wohnen in nicht mehr benötigten landwirtschaftlichen Bauten ausdrücklich zulassen.

Damit nicht mehr genutzte Gebäude und Anlagen aus der Landschaft verschwinden, will der Ständerat keine Vorschriften, sondern Anreize, wie Kommissionssprecher Jakob Stark (SVP/TG) es nannte. Neu sollen die Kantone unter gewissen Voraussetzungen Abbruchprämien für nicht mehr genutzte Gebäude und Anlagen bezahlen.

Würden jährlich zwischen 1000 und 2000 Bauten abgebrochen und betrüge die Prämie zwischen 20'000 und 30'000 Franken, wäre laut Stark mit jährlichen Kosten für die Kantone von 21 bis 66 Millionen Franken zu rechnen. Der Bund kann aber Beiträge leisten.

Neuer Anlauf

Mit ihrem Entwurf brachte die vorberatende Ständeratskommission wieder Bewegung in den seit Jahren hängigen zweiten Teil der Raumplanungsgesetz-Revision. Der Nationalrat war auf Vorschläge des Bundesrates Ende 2019 nicht eingetreten.

Die Urek-S entschied dann, den Entwurf des Bundesrates neu aufzulegen. Sie vereinfachte nach eigenen Angaben die Vorschläge der Landesregierung stark und strich umstrittene und nicht mehrheitsfähige Elemente, unter anderem Strafbestimmungen. Auch Anliegen der Landschaftsinitiative griff sie auf.

Der Bundesrat begrüsste dieses Vorgehen und verzichtete auf einen eigenen indirekten Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative. «Nach verschiedenen Anläufen ist eine in verschiedener Hinsicht überzeugende Vorlage entstanden», lobte Umweltministerin Simonetta Sommaruga die Arbeit der Kommission.

Der von der Landschaftsinitiative verlangte Grundsatz der Trennung zwischen Baugebiet und Nichtbaugebiet sei für den Bundesrat zentral. Der Bundesrat empfiehlt die Initiative aber zur Ablehnung, wegen Mängeln hinsichtlich Umsetzung, wie Sommaruga sagte.

Nein zu Initiative

Über seine Haltung zur Landschaftsinitiative hat der Ständerat noch nicht entschieden. Die Mehrheit der Urek-S beantragt ein Nein, eine rot-grüne Minderheit will die Initiative unterstützen.

Die Initiantinnen und Initianten wiederum beurteilten die bisherigen Beschlüsse zwiespältig, wie sie schrieben. Positiv sei das Stabilisierungsziel, die bisher beschlossenen Ausnahmen aber viel zu umfangreich. Die Debatte wird kommende Woche fortgesetzt.