Mieterlasse Streit um Geschäftsmieten: Gibt es gar keine Lösung?

Von Julia Käser

5.5.2020

Viele Geschäftsmietende bleiben aufgrund der Corona-Krise auf den Mietkosten sitzen. 
Viele Geschäftsmietende bleiben aufgrund der Corona-Krise auf den Mietkosten sitzen. 
Bild: Keystone

Der Streit zwischen Mieter- und Vermieterseite um die Mieten in der Coronakrise verhärtet sich. Die Hoffnungen ruhen jetzt auf dem Parlament – doch auch Ständerat und Nationalrat sind sich uneinig.

Der Streit zwischen Mieter- und Vermieterschaft ist fast so alt wie die Coronakrise selbst. Weil sie ihren Laden, den Salon oder ihr Restaurant aufgrund des Lockdowns schliessen mussten, bleiben zahlreiche Geschäftsmietende auf den Mietkosten sitzen. Die Forderung der betroffenen Verbände: Eine nationale und einheitliche Lösung muss her. 

Eine solche jedoch liess bis zum jetzigen Zeitpunkt auf sich warten. Während der Bundesrat verlauten liess, sich nicht in die Angelegenheit einmischen zu wollen, ist eine von Wirtschaftsminister Guy Parmelin (SVP) einberufene Taskforce laut einer Allianz von Geschäftsmietern «kläglich gescheitert». Die Hoffnungen ruhen deshalb nun auf dem Parlament.

Am Montag hat der Ständerat beschlossen, KMU-Besitzerinnen und -Besitzern diesbezüglich unter die Arme zu greifen: Den Betroffenen soll der Teil ihres Covid-19-Kredits erlassen werden, der den Mietkosten für zwei Monate entspricht. Dieser Mieterlass soll für sämtliche Kleinbetriebe und Selbstständige gelten, deren Bruttomiete nicht höher ist als 5'000 Franken pro Monat. 

SP-Politikerin warnt vor Zehntausenden Rechtsstreitigkeiten

Am Dienstag nun war der Nationalrat am Zug. Die Debatte im Grossen Rat begann mit deutlichen Worten: SP-Nationalrätin Jacqueline Badran warnte vor Zehntausenden Rechtsstreitigkeiten und Tausenden unverschuldeter Konkurse, sollte im Streit um die Geschäftsmieten keine einheitliche Lösung gefunden werden, um der Mieterseite zu helfen.  

Den Ständeratsbeschluss lehnte der Nationalrat wortlos ab. Dafür entfachte sich die Diskussion beim darauffolgenden Vorstoss. Die Wirtschaftskommission des Nationalrats hatte im Vorfeld eine Motion eingereicht, um die Geschäftsmietenden zu unterstützen. Der Vorstoss fordert, dass letztere ihren Vermietern für die Zeit, in welcher der Betrieb wegen des Lockdowns geschlossen bleiben muss, nur 30 Prozent der Miete schulden.



Wiederholt wurde während der Debatte deutlich, wie verhärtet die Fronten zwischen Mieter- und Vermieterseite sind. Bundesrat Parmelin appellierte an die Vermieterinnen und Vermieter: «Machen Sie Ihre Rechnungen, aber bleiben Sie fair und überprüfen Sie gemeinsam mit Ihren Mietern, ob sich nicht doch eine Lösung finden lässt.»

Das Ziel des Bundesrates sei es, so wenig wie möglich in die privatrechtlichen Beziehungen einzugreifen – deshalb empfahl Parmelin die Motion schliesslich zur Ablehnung. 

Nationalrat spricht sich für teilweisen Mieterlass aus

SVP-Nationalrat Thomas Matter warnte davor, den Mieterinnen und Mietern einen Teil ihrer Schuld zu erlassen: «Diese 70 Prozent Mietausfall müssten dann alleine die Vermieter tragen.» Das würde eine folgenreiche Kettenreaktion bewirken, da die Vermieter ihrerseits auch Verpflichtungen zu erfüllen hätten. Viele könnten sich den Mietausfall von 70 Prozent schlicht nicht leisten, so Matter. Und: «Wieso soll der Vermieter gegenüber dem Mieter benachteiligt werden?»

SP-Politikerin Badran hielt Matter entgegen und sprach sich in aller Deutlichkeit für die 30-70-Prozent-Lösung aus. Dass Geschäftsmietende für die Zeit des Lockdowns, in der sie keinen Umsatz generieren könnten, den vollen Mietpreis bezahlen müssten, sei nicht korrekt – und könnte fatale Folgen haben. Es gelte, Konkurse zu verhindern. 

Der Rat folgte Badran und nahm die Motion an. Zusätzlich zum teilweisen Mieterlass soll für Vermieterinnen und Vermieter, die dadurch in ihrer Existenz bedroht werden, ein Härtefallfonds in der Höhe von 20 Millionen Franken geschaffen werden. Neben dem Nationalrat hat sich auch eine Allianz von sieben Verbänden, darunter der Mieterinnen- und Mieterverband, GastroSuisse und der Coiffeur Verband, für diese Lösung ausgesprochen. 

Lösungsfindung droht zu scheitern

Doch damit ist der teilweise Mieterlass noch keine beschlossene Sache. Am Mittwoch behandelt der Ständerat die Motion der nationalrätlichen Wirtschaftskommission. Lehnt die kleine Kammer diese ab, ist das Parlament vorerst dabei gescheitert, sich auf eine Lösung punkto Mieterlass oder Mietreduktion zu einigen.  

Während das im Sinne des Hauseigentümer Verbandes (HEV) ist, der die Mieterlasse als «Schaffung einer willkürlichen eigentums- und wettbewerbsfeindlichen Benachteiligung» bezeichnet, scheinen sich die meisten Parlamentarierinnen und Parlamentarier zumindest in einem Punkt einig zu sein: Sollte während der Sondersession keine Lösung im Streit um die Geschäftsmieten gefunden werden, ist das suboptimal. In dem Falle würde die Miet-Frage die Gerichte noch stärker belasten, als sie es ohnehin schon zu tun droht.   



Ein Vorstoss der Rechtskommission des Nationalrats liegt aber noch auf dem Tisch. Dieser sieht vor, die Verordnung über die Abfederung der Auswirkungen des Coronavirus im Miet- und Pachtwesen auf den 13. September 2020 auszudehnen. Diese Verordnung verlängert die Frist bei Zahlungsrückständen von den üblichen 30 auf 90 Tage und sollte eigentlich am 31. Mai 2020 auslaufen. 

Bilder des Tages

Zurück zur Startseite