Technik oder Lüften Was schützt Schüler gegen Corona?

tmxh/dpa

18.2.2021 - 00:00

Wissenschaftler fanden heraus, dass das Stosslüften die Konzentration von Aerosolen in der Luft effizient verringert. (Symbolbild)
Wissenschaftler fanden heraus, dass das Stosslüften die Konzentration von Aerosolen in der Luft effizient verringert. (Symbolbild)
Bild: dpa

Abstand, Hygiene und Testen lautet die Corona-Strategie in den Schulen. In den Klassenzimmern stellt sich vor allem die Frage: Was sorgt dort am wirksamsten für virenfreie Luft?

Auch im Lockdown bleiben die Schulen in der Schweiz geöffnet. Doch wie steht es mit der Infektionsgefahr? Sind mobile Luftreiniger eine Lösung oder reicht der altmodische Griff zum Fenster? Wie steht es um die Behauptung, dass in Klassenzimmern mobile Luftfiltergeräte effizient gegen eine drohende Infektion mit Coronaviren schützen?

Tatsächlich ist es so: Forscher haben herausgefunden, dass Stosslüften wesentlich wirksamer ist. Sie empfehlen mobile Luftreiniger nur im Ausnahmefall. Als Ergänzung und langfristige Lösung seien fest installierte Lüftungsanlagen in Schulen sinnvoll.

Skepsis bei Wissenschaftlern

Zwar preisen angesichts der Corona-Pandemie zahlreiche Hersteller mobile Luftreiniger als ideale Lösung für öffentliche Räume an. Luftreiniger mit sogenannten Hepa-Filtern («High Efficient Particulate Air») sammeln Viruspartikel aus der hindurchströmenden Luft. In einigen Klassenzimmern sind die Geräte schon im Einsatz. Ende des vergangenen Jahres forderten auch Schweizer Lehrer einen flächendeckenden Einsatz der Luftreiniger an Schulen.

Wissenschaftler aber zeigen sich skeptisch: «Der Einsatz von mobilen Luftreinigern allein ist kein Ersatz für ausreichendes Lüften an Schulen», stellt die Kommission Innenraumlufthygiene (IRK) fest, der mehr als 20 Experten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz angehören. «Mobile Luftreiniger wälzen die Raumluft lediglich um und ersetzen nicht die notwendige Zufuhr von Aussenluft.» 



Um die Infektionsgefahr über Aerosole in der Luft zu verringern, ist regelmässiges Stosslüften über weit geöffnete Fenster das Mass aller Dinge, wie die Kommission erläutert. Denn erstens sei die Wirksamkeit mobiler Luftreinigungsgeräte bislang nicht eindeutig nachgewiesen. Zweitens beseitige die Technik nicht die in Klassenzimmern übliche Anreicherung von Kohlendioxid (CO2), das für Müdigkeit und Konzentrationsschwäche sorgt.

Wie ein Klassenzimmer am besten gelüftet wird, zeigt auch ein Video des BAG. «Für gute Lernbedingungen und eine gesunde Raumluft empfiehlt das BAG Schulzimmer mindestens nach jeder Lektion genügend lang, das heisst mindestens während der ganzen Pause, zu lüften und die weiteren Lüftungsregeln zu beachten», heisst es auf einem Flyer des BAG.

Lüften hilft am meisten

«Lüften funktioniert nun mal am besten», sagte auch der Präsident des deutschen Umweltbundesamts (UBA) Dirk Messner der Deutschen Presse-Agentur. Viele Menschen hofften in der Corona-Pandemie zwar auf technische Lösungen, Luftreiniger könnten aber dazu verführen, sich in falscher Sicherheit zu wiegen. «Lüften ist die einfachste und wirksamste Massnahme, um Viren aus der Luft in Klassenzimmern zu entfernen.»

Eine Untersuchung aus dem deutschen Bundesland Hessen bestätigt diese These: In einem nicht genutzten Klassenzimmer einer Schule verglichen Forscher der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) die Wirkung von Luftfiltergeräten mit der von Lüften. Dafür wurden freigesetzte Aerosole per Ventilator im Raum verteilt. Ein grundlegendes Ergebnis: Die Öffnung aller Fenster für drei Minuten bei Aussentemperaturen von 7 bis 11 Grad senkte die Konzentration an Aerosolen bis zu 99,8 Prozent.



Mit vier mobilen Luftfiltergeräten sei hingegen erst nach etwa 30 Minuten eine um nur 90 Prozent verringerte Konzentration gemessen worden. Die Wissenschaftler verweisen zudem auf den störenden Lärm der Geräte sowie die hohen Anschaffungskosten.

Übliche Schutzmassnahmen bleiben wichtig

Sollten sich Fenster allerdings nicht ausreichend weit öffnen lassen und auch keine Zu- und Abluftanlagen eingebaut werden können, kämen Luftreiniger «als flankierende Massnahme zur Minderung eines Infektionsrisikos» infrage, erklären die Experten. Dabei setzen sie jedoch weniger auf mobile als auf zentral oder in einzelnen Räumen fest installierte Geräte.

«Fest installierte Lüftungsanlagen sind auch nach der Corona-Pandemie noch von grossem Nutzen», meint UBA-Präsident Messner. Anders als viele mobile Luftreiniger verursachten sie nur geringe Geräusche und liessen sowohl die Menge an Krankheitserregern als auch an Kohlendioxid und ausgedünsteten Schadstoffen sinken. Ausserdem seien fest installierte Anlagen aus Gründen der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes empfehlenswert.

Klar ist aber, dass weder Stosslüften noch Lüftungsgeräte eine Infektion komplett verhindern können – und die üblichen Schutzmassnahmen gegen das Coronavirus auch im Klassenzimmer erforderlich bleiben: Abstand halten, Hände waschen, Maske tragen.

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tmxh/dpa