Er war einer der bekanntesten Kirchenkritiker, scheute auch Kritik am Papst nicht und erreichte mit seinen Büchern Millionen Leser: Am Dienstag ist der Schweizer Theologe Hans Küng verstorben.
ot, sda
06.04.2021, 17:40
06.04.2021, 18:03
SDA
Der Schweizer Theologe Hans Küng ist tot. Er starb am Dienstag im Alter von 93 Jahren in seinem Haus im deutschen Tübingen. Küng sei friedlich eingeschlafen, teilte die von ihm gegründete Stiftung Weltethos auf Facebook mit
Küng zählte zu den bekanntesten Kritikern der Amtskirche. Seine Thesen zu den Themen Unfehlbarkeit, Kirche und Gott führten 1979 zum Entzug der kirchlichen Lehrbefugnis. Gleichzeitig erlangte er dadurch grosse Popularität.
Küng wurde 1928 in Sursee LU geboren. Nach der Matur in Luzern studierte er an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom und später in Paris Philosophie und Theologie.
1954 erhielt Küng die Priesterweihe. Von 1957 bis 1959 war er an der Hofkirche in Luzern praktischer Seelsorger. 1960 wurde er an die Universität Tübingen berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung 1996 tätig war. Als er 85 Jahre alt wurde, zog Küng sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück.
Küng profilierte sich als kritischer Theologe. Weil er das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes in Glaubens- und Sittenfragen bezweifelte, entzog ihm 1979 der damalige Papst Johannes Paul II die kirchliche Lehrerlaubnis. «Ich lehre schon seit eh und je und bin als katholischer Theologe anerkannt. Ich brauche die römische Fahrerlaubnis nicht», sagte Küng später dazu.
Theologische Bestseller
Küng wurde durch seine Kritik an der Amtskirche und durch deren Abstrafung zum Idol der katholischen Reformbewegung. Er schrieb über 50 Bücher, darunter Bestseller wie «Ist die Kirche noch zu retten?» und «Jesus». Küng erreichte weltweit Millionen von Lesern.
Etiketten wie «Papstkritiker» hat Küng nie besonders gemocht. «Kirchenkritiker ist kein Beruf. Ich bin nicht an Kritik interessiert. Aber wenn man dort so verbohrt an Positionen festhält, muss man halt immer wieder gleiches wiederholen», sagte er.
Küng scheute klare Worte nicht. Dem polnischen Papst Johannes Paul warf er vor, er habe ein autoritäres Lehramt ausgeübt und die Menschenrechte von Frauen und Theologen unterdrückt.
Der deutschen Papst Benedikt XVI. war in den sechziger Jahren ein Weggefährte Küngs. Dieser sagte über Benedikt, er habe sich in eine konservative Käseglocke zurückgezogen, die ihn von der Realität der Menschen trenne.
Lobende Worte für Franziskus
Für den aktuellen Papst Franziskus fand Küng lobende Worte. In seinem 2015 erschienen Buch «Sieben Päpste» schrieb er, Franziskus habe durch seine direkte Sprache, seinen antikurialen Lebensstil und seinen Appell an das Evangelium die Atmosphäre im höfisch-römischen System gründlich verändert.
Trotz aller Kritik nahm Küng die Kirche auch in Schutz. So warnte er angesichts von Missbrauchsskandalen vor Pauschalurteilen über Geistliche und die Kirche. Zahllose Seelsorger seien untadelig und setzten sich voll für ihre Gemeinden ein.
Küngs Lebenswerk ist die Stiftung Weltethos, die er bis 2013 leitete. Eine Epoche, die anders als jede frühere durch Weltpolitik, Welttechnologie, Weltwirtschaft und Weltzivilisation geprägt sei, bedürfe eines Weltethos, lautet sein Credo.
Küng wurde für sein Schaffen mit vielen Ehrendoktoraten ausgezeichnet. Diese erhielt er hauptsächlich von Universitäten in den USA und in Grossbritannien.