Referendum ergriffen Travail Suisse will die AHV-Reform bodigen

jc, sda

22.12.2021 - 13:58

Travail-Suisse-Präsident Adrian Wüthrich ist mit dem Kompromiss des Parlaments überhaupt nicht zufrieden.
Travail-Suisse-Präsident Adrian Wüthrich ist mit dem Kompromiss des Parlaments überhaupt nicht zufrieden.
Bild: Keystone/Anthony Anex

Travail Suisse macht ernst: Der Dachverband der Arbeitnehmenden hat das Referendum gegen die AHV-Reform ergriffen. Die Sicherung der AHV werde «auf dem Buckel der Frauen» ausgetragen, kritisiert der Verband.

Keystone-SDA, jc, sda

Auch Frauen sollen künftig bis 65 arbeiten. Dafür sollen die ersten neun Jahrgänge, die nach der Anhebung pensioniert werden, Kompensationszahlungen erhalten. Nach zähem Ringen einigten sich National- und Ständerat in der Wintersession auf diesen Kompromiss  zur Sanierung der AHV. 

Dass dieser Deal auf wackligen Beinen stehen würde, zeichnete sich schon in der Ratsdebatte ab. Die Gewerkschaften äusserten lautstark ihren Unmut, nun macht Travail Suisse ernst: Am Mittwoch gab der Dachverband der Arbeitnehmenden bekannt, dass er die AHV-Reform mit einem Referendum bekämpfen will. 

Ein grosser Teil der Kosten des Reformpakets werde durch die Frauen getragen, schreibt Travail Suisse zur Begründung. «Die Frauen werden im Alter bereits heute massiv benachteiligt und sollen nun auch noch für diese Reform bezahlen. Das ist untragbar und inakzeptabel», lässt sich Nationalrätin und Travail-Suisse-Vizepräsidentin Léonore Porchet (Grüne/VD) in der Mitteilung zitieren.

Mit der Erhöhung des Rentenalters sollen rund 10 Milliarden Franken in die AHV fliessen. Für neun Jahrgänge derjenigen Frauen, die am stärksten davon betroffen sind, sind Entschädigungen vorgesehen. Falls die Reform im Jahr 2023 in Kraft tritt, sind das Frauen der Jahrgänge 1960 bis 1968. Um die Ausgleichsmassnahmen zu finanzieren, wird die Mehrwertsteuer erhöht, was rund 1,4 Milliarden Franken einbringen soll.

Allerdings entsprechen auch diese Übergangsmassnahmen nicht den Vorstellungen von Travail Suisse. Dies, weil Frauen, die ihre Rente vorbeziehen wollen, keinen Zuschlag bekommen. Einen Zuschlag zur Rente bekommen nur jene Frauen, die ihre Rente ab dem regulären Alter beziehen wollen. Beim Vorbezug gibt es für die Frauen der Übergangsjahrgänge lediglich einen geringeren Kürzungssatz.

«Die billigste Variante» gewählt

Es sei zudem eine kurzsichtige Reform, schreibt Travail Suisse. Die AHV werde bereits 2026 wieder vor einem Finanzierungsengpass stehen. Das Parlament habe ganz bewusst darauf verzichtet, alternative Finanzierungsformen für die AHV einzuführen, schreibt Adrian Wüthrich, Präsident von Travail Suisse, in der Mitteilung.

Das Parlament sei nicht willens gewesen, alternative Finanzierungsformen zu prüfen und habe sich für die die «billigste» Variante entschieden – die Erhöhung des Rentenalters für Frauen, kritisiert Wüthrich.

 In der parlamentarischen Beratung gab es etwa den Vorschlag, die Gewinne der Schweizerischen Nationalbank aus den Negativzinsen in die AHV einzuspeisen. Das Parlament lehnte dies jedoch ab – aus Sorge um die Unabhängigkeit der SNB, sollten deren Gewinne für bestimmte Zwecke vorgesehen werden.

Travail Suisse entgegnet dem, dass die AHV ein Vermögen von über 1000 Milliarden Franken habe, und die Erträge aus den Negativzinsen hätten der AHV 14 Milliarden Franken gebracht. Die Unabhängigkeit der SNB wäre dadurch nicht infrage gestellt worden, schreibt Travail Suisse. Damit sei stattdessen klar, dass die Diskussion um weitere Erhöhungen des Rentenalters, etwa Rentenalter 66/67, nach den nächsten Wahlen 2023 erneut geführt würden.



Auf Kritik stösst bei Travail Suisse auch die Änderung beim Vorbezug der Rente, welche die Situation auch für Männer verschlechtere. Der Bundesrat hatte gefordert, dass der Rentenvorbezug für Frauen und Männer in Zukunft ab 62 Jahren möglich sein soll. Heute dürfen dies nur Frauen. Das Parlament entschied aber, den Vorbezug sowohl Frauen als auch Männern erst ab 63 Jahren zu ermöglichen.

Das Parlament hatte in der Wintersession die AHV-Reform abgeschlossen. SP und Grüne stimmten am Schluss wegen der Erhöhung des Rentenalters dagegen und gaben bekannt, dass sie ein Referendum unterstützen werden. Entsprechend schreibt Travail Suisse in der Mitteilung, dass das Referendum mit einer breiten Allianz ergriffen wird.