Weicher BodenUnter dem Bahnhof Luzern lauern viele Gefahren
toko
9.6.2023
Der geplante Durchgangsbahnhof in Luzern und seine Zufahrtsstrecken stellen die Planer*innen vor zahlreiche Herausforderungen. Kein Wunder: Das Gebiet befand sich vor 20'000 Jahren unter einer dicken Eisschicht.
toko
09.06.2023, 11:21
09.06.2023, 14:16
toko
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Die Beschaffenheit des Untergrunds macht die Planung des Durchgangsbahnhofs Luzern und seiner Zufahrtsstrecken zu einer schwierigen Angelegenheit.
Die meisten Gebäude im Neustadt-Quartier sind auf Pfählen errichtet. Hinzu kommt das viele Grundwasser in dem Gebiet.
Für das Jahrhundertprojekt rechnen die SBB mit einer Bauzeit von 10 bis 13 Jahren. Die Kosten werden zunächst auf 3,3 Milliarden Franken geschätzt.
Mit der Aufnahme der Strecke nach Zürich über Zug wurde der Bahnhof Luzern bereits 1859 eröffnet. Heute ist er nicht nur der viertgrösste Bahnhof der Schweiz und ein bedeutender Verkehrsknotenpunkt. Der Bahnhof hat auch eine wechselvolle Geschichte hinter sich.
So brannte am 5. Februar 1971 das Bahnhofsgebäude — es war bereits das zweite — fast komplett nieder. Die Feuerwehr konnte den Brand trotz eines Grossaufgebots an Feuerwehren aus Luzern und umliegenden Gemeinden nicht unter Kontrolle halten. Erst am Abend gelang es, das Feuer zu löschen — die Brandursache wurde nie geklärt.
Tiefbahnhof mit neuen Zufahrtsstrecken
Schliesslich wurde also der dritte Bahnhof errichtet. Dieser erweist sich nun schon seit Jahren als zu klein, hinzu kommen alle bekannten Probleme eines Kopfbahnhofs.
Der wird zwar bleiben, unter ihm jedoch ein unterirdischer Tiefbahnhof entstehen, mit vier Gleisen und von zwei Seiten her erschlossen.
Weite Teile des Gebiets sind besiedelt. Unter dem Neustadt-Quartier soll künftig einer der beiden Tunnel verlaufen. Neben den üblichen Problemen eines Mega-Projekts bereitet der Neustädter Untergrund den Planer*innen jedoch Kopfschmerzen.
Neustadt steht auf wackeligen Beinen
Warum das so ist, erklärt der Geologe Beat Keller im Regionaljournal Zentralschweiz des SRF. Keller hat für die SBB den Untergrund analysiert und spricht von einer «relativ anspruchsvollen» Angelegenheit. Dennoch zeigt er sich zuversichtlich: «Denn wenn wir Geologen die Risiken erkennen, findet ein Ingenieur in der Regel auch eine Lösung für das Problem.»
Was den Geologen heute viel Arbeit macht, befand sich in der letzten Kaltzeit unter einer dicken Eisschicht. In dem Gebiet wurde daher schon immer anders gebaut: Durch die spätglazialen See- und Deltaablagerungen sind die meisten Gebäude auf Pfählen im Untergrund errichtet worden.
Und die darf der geplante Tunnel natürlich nicht berühren, was die Planer*innen zu einer Art Zickzackkurs veranlasst. Geologe Keller und seine Mitarbeiter*innen müssen einen geeigneten Korridor für die Linienführung des Tunnels finden.
Hinzu kommt das viele Grundwasser, das sich auf drei «Wasserkammern» verteile. Würden die versehentlich angezapft, könnte der Druck abfallen und schlimmstenfalls Häuser absacken.
Damit es dazu gar nicht erst kommt, plante Kellers Team den Tunnel so tief, dass bereits der Fels erreicht wird. Um die Risiken genau abschätzen zu können, führte das Team zahlreiche Sondierbohrungen durch. «Wir haben insgesamt 1,3 Kilometer Bohrungen gemacht», berichtet Keller. Die Ergebnisse hat das Team schliesslich mit Tausenden von Bohrungen aus dem Archiv kombiniert.
Über zehnjährige Bauzeit
Erst kürzlich haben die SBB nach Abschuss des Vorprojekts ihre Pläne für den Durchgangsbahnhof präsentiert. Die Kosten für den Tiefbau und seine beiden Zufahrten werden auf 3,3 Milliarden Franken geschätzt.
Bei der bisherigen Planung wurde davon ausgegangen, dass zur Realisierung des Dreilindentunnels das Seebecken in Luzern abschnittsweise trocken gelegt werden muss.
Neues Bauverfahren
Für die Unterquerung des Seebeckens soll nun ein Absenktunnel realisiert werden und dabei fünf vorgefertigte Elemente der Tunnelröhre in den Grund des Vierwaldstättersees abgesenkt werden.
Durch den Bau des neuen Durchgangsbahnhofs und seiner Zufahrten würde dann echte Pionierarbeit geleistet. Dieses Bauverfahren sei in der Schweiz noch nie angewandt worden, heisst es bei der SBB.