Adoption von Regenbogen-Kindern «Von Rechtsgleichheit kann man noch nicht sprechen»

Von Alex Rudolf

9.6.2022

Bei anonymen Samenspenden oder Fortpflanzungsmethoden aus dem Ausland darf das daraus resultierende Kind erst nach einem Jahr adoptiert werden.
Bei anonymen Samenspenden oder Fortpflanzungsmethoden aus dem Ausland darf das daraus resultierende Kind erst nach einem Jahr adoptiert werden.
Keystone

Kinder, die aus anonymen Samenspenden oder von Leihmüttern aus dem Ausland stammen, werden benachteiligt. Denn die Ehefrau ihrer Mutter muss erst ein Jahr warten, ehe sie das Kind adoptieren kann. Der Nationalrat will dies ändern.

Von Alex Rudolf

9.6.2022

Mit der «Ehe für alle», zu der das Stimmvolk im vergangenen September mit 64,1 Prozent Ja gesagt hat, dürfen neu nicht nur hetero-, sondern auch homosexuelle Paare heiraten. Gleichgestellung ist aber noch nicht hergestellt, wie Alessandra Widmer, Co-Geschäftsleiterin der Lesbenorganisation Schweiz (LOS), sagt. «Besonders bei der Absicherung von Kindern in Regenbogenfamilien kann man noch von keiner Rechtsgleichheit sprechen.»

Am Mittwoch nahm der Nationalrat eine Motion an, die eine solche Ungleichheit aus der Welt schafft. 

Das Problem heute: Nutzen heterosexuelle Paare die Fortpflanzungsmedizin im Ausland oder greifen auf eine private Samenspende zurück, wird der Ehemann nach der Geburt des Kindes automatisch als Vater anerkannt. Bei lesbischen Paaren ist dies nicht so. 

«Wir fordern eine ganzheitliche Absicherung von Kindern lesbischer Paare – auch jene aus privater Samenspende oder aus einer vom Ausland», sagt Widmer zu blue News.

«Wir fordern eine ganzheitliche Absicherung von Kindern lesbischer Paare – auch jene aus privater Samenspende oder aus einer vom Ausland.»

Alessandra Widmer

Co-Geschäftsleiterin Lesbenorganisation LOS

In der Vorlage zur «Ehe für alle» ist festgehalten, dass die Ehepartnerinnen nur unmittelbar nach der Geburt als Elternteil anerkannt werden, wenn das Kind durch «inländische, professionelle Samenspenden» gezeugt wurde.

Damit wollte der Gesetzgeber dem Recht des Kindes auf die Kenntnis seiner Abstammung Rechnung tragen.

Nationalrat will Recht auf Kenntnis der Abstammung wahren

Die Motion, der der Nationalrat am Mittwoch zugestimmt hat, fordert auch, dass das Kind über seine Abstammung Bescheid weiss. So sollen nur Ehefrauen von Anfang an als Mutter anerkannt werden, wenn die Abstammung gewährleistet ist. «Die Umsetzung dieser Anforderung ist aber äusserst schwierig», schreibt der Bundesrat in seiner Stellungnahme.

So gälten derzeit keine internationalen Vorgaben zur Erhebung der Daten von Samenspendern. Existiere aber ein solches Register, müsste dieses regelmässig auf seine Äquivalenz zum schweizerischen Pendant geprüft werden.

Als Alternative schlägt der Bundesrat vor, die Hürden für die Stiefkindadoption zu senken. Ein Vorstoss, der vom Nationalrat ebenfalls angenommen wurde, sieht vor, auf die einjährige Pflegeverhältnis zu verzichten, das heute für eine Adoption notwendig ist. Diese soll aber nur wegfallen, wenn der leibliche Elternteil zum Zeitpunkt der Geburt eine faktische Lebensgemeinschaft mit der adoptivwilligen Person führt.

Faktisch käme dies auf dasselbe heraus. Nun liegt es am Ständerat zu entscheiden, welchen Weg er beschreiten will.

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