Kritik an Uni-StudieStudentinnen suchen nicht bloss «einen Sugar-Daddy»
phi
10.5.2023
Eine Umfrage der ETH und der Universität Zürich ergibt scheinbar, dass Studentinnen keine Lust auf Karriere haben und ein traditionelles Rollen-Bild pflegen. Dem widerspricht nun der Politologe Michael Hermann.
phi
10.05.2023, 11:20
10.05.2023, 15:46
phi
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Eine Studie, die untersucht, warum so wenig Frauen in akademischen Führungspositionen sind, sorgt für Wirbel.
Die Umfrage der ETH und Uni Zürich ergibt scheinbar, dass Studentinnen kaum Interesse an Karriere haben und auf den Mann setzen, wenn Kinder kommen.
Der Politologe Michael Hermann kritisiert die Darstellung der Studie als «reisserisch», was auch der Fragestellung geschuldet sei.
Seine Studie über Teilzeitarbeit zeige, dass studierte Frauen sehr wohl arbeiten und Karriere machen wollten.
«Die meisten Studentinnen wollen lieber einen erfolgreichen Mann als selber Karriere machen»: So fasste die «SonntagsZeitung» eine Studie zusammen, die untersucht hat, warum es in akademischen Spitzen-Positionen so wenig Frauen gibt. In Zürich sind demnach 60 Prozent der Studierenden weiblich, doch Professorinnen machen nur 24 Prozent des Lehrkörpers aus.
Eine Umfrage unter knapp 10'000 Personen an der ETH und der Uni Zürich habe ergeben, dass «viele Studentinnen keine oder nur geringe Karriereambitionen haben». Und: «Tendenziell bevorzugen sie einen Partner, der älter und erfolgreicher ist» – und das Haupteinkommen trägt, wenn Kinder kommen, wie es weiter heisst.
Diese Darstellung will Michael Hermann nicht stehen lassen. «Es ist beelendend, wie zwei Professorinnen und die ‹SonntagsZeitung› es geschafft haben, dieses Thema auf eine reisserische Karikatur zu reduzieren», ärgert sich der Politologe auf Nachfrage von «watson». «Die Karikatur bedient wunderbar das Vorurteil der faulen Studierten und abhängigen Frauen.»
Suggestion «Studentinnen suchen einen Sugar-Daddy»?
Hermann hat als Leiter des Forschungsinstituts Sotomo im Februar «Die Teilzeit-Studie» verfasst, die ergebe, dass «Studierte die egalitärsten Vorstellungen von Aufteilung der Erwerbsarbeit unter Eltern» hätten. Zwar stimme es, dass es Frauen wichtiger als Männern sei, Zeit mit Kindern zu verbringen, doch das heisse nicht, dass sie keine Karriere machen wollen.
Doch das müsse auch mit 80 Prozent gehen, was bei der Studie der Uni Zürich gar kein Thema gewesen sei. «Da sieht man, dass diejenigen, die den Fragebogen designt haben, mit alten Rollenbildern arbeiten», so Hermann. Weiter gibt er zu bedenken, dass sich eine universitäre Karriere besonders schlecht mit Familie vereinbaren lasse – wegen des «extrem hohen Arbeitseinsatzes», flexibler Mobilität und Forschung im Ausland.
«Meine Hauptkritik gilt der verkürzenden Schlagzeile, die suggeriert, dass Studentinnen einen Sugar-Daddy suchen», wird Hermann gegenüber «watson» deutlich. «Dabei zeigen die Zahlen, dass Frauen mit einem Uniabschluss mehr arbeiten als andere.» Auch die Aussage «Frauen wird ständig eingeredet, sie würden diskriminiert» habe ihn in der Uni-Studie verwundert.