Länder-Vergleich Deutschland macht dicht – bei ähnlichen Werten wie in der Schweiz

lmy/sda

24.3.2021

Ein geschlossenes Restaurant in München: Deutschland fährt das öffentliche Leben wieder herunter.
Ein geschlossenes Restaurant in München: Deutschland fährt das öffentliche Leben wieder herunter.
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Deutschland geht bis 18. April in einen harten Lockdown. Die Massnahmen sind deutlich strenger als in der Schweiz – doch sind es die Fallzahlen auch? Der Ländervergleich.

Deutschland geht bis 18. April in einen harten Lockdown: So soll über Ostern, also vom 1. bis 5. April, das öffentliche, wirtschaftliche und private Leben weitgehend heruntergefahren werden. Dies ist das Ergebnis nach über elf Stunden Verhandlungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer.

Wie steht die Schweiz im Vergleich zu Deutschland da? Eine Übersicht.

Die Zahlen

Deutschland hat gemäss dem Robert-Koch-Institut eine 7-Tage-Inzidenz von 108,1 – das heisst, so viele Neuinfektionen pro 100’000 Einwohner gab es in den letzten sieben Tagen.

Am Montag wurden 250 Todesfälle vermeldet, insgesamt sind es rund 75'000. Der R-Wert liegt bei 1,12, das Institut vermeldet ein «deutliches exponentielles Wachstum» und warnt, dass an Ostern ähnliche Zustände herrschen könnten wie zu Weihnachten.

Die Schweiz hat mit 119,3 eine leicht höhere 7-Tage-Inzidenz. Am Dienstag wurden elf Todesfälle registriert, insgesamt sind es rund 9'500. Der R-Wert liegt bei 1,16. Beim aktuell steigenden Trend würde sich der 7-Tage-Schnitt der Neuinfektionen alle 28 Tage verdoppeln.

Was ist erlaubt und was nicht?

Merkel nennt den scharfen Lockdown über Ostern eine «Ruhepause». Gründonnerstag und Karsamstag werden in Deutschland als Ruhetage definiert, an fünf zusammenhängenden Tagen gelte das Prinzip #WirBleibenZuHause. Einzig am Karsamstag sollen Lebensmittelgeschäfte offen sein. Private Zusammenkünfte sollen auf den eigenen Haushalt und einen weiteren Hausstand bei maximal fünf Personen beschränkt werden, wobei Kinder bis 14 Jahre nicht mitgezählt werden.

Ansammlungen im öffentlichen Raum sind in dieser Zeit generell untersagt. Wo bereits Aussengastronomie offen ist, muss sie für diese fünf Tage wieder geschlossen werden.

Kirchen und Religionsgemeinschaften werden gebeten, an Ostern nur Online-Übertragungen für die Gläubigen anzubieten. Diese reagieren aber kühl auf die Forderung, wie der «Spiegel» berichtet, die katholische Kirche will nicht auf Präsenz-Gottesdienste verzichten. Man habe an Weihnachten gezeigt, dass man mit Vorsicht die Messe feiern könne, twitterte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Laut dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder ist nicht geplant, in dieser Angelegenheit Druck auf die Kirchen auszuüben.

Gottesdienste wie hier im Zürcher Fraumünster sind in der Schweiz weiterhin mit bis zu 50 Personen erlaubt, in Deutschland sollen sie durch Online-Angebote ersetzt werden.
Gottesdienste wie hier im Zürcher Fraumünster sind in der Schweiz weiterhin mit bis zu 50 Personen erlaubt, in Deutschland sollen sie durch Online-Angebote ersetzt werden.
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In der Schweiz gilt seit Montag, dass sich bis zu zehn Personen in Innenräumen treffen dürfen, im Freien gilt wie bis anhin eine Limite von 15 Personen. Restaurants bleiben geschlossen, die Geschäfte sind offen. Veranstaltungen finden nicht statt, Gottesdienste sind mit Schutzkonzept für bis zu 50 Personen erlaubt.

Ab wann gibt es Verschärfungen?

In Deutschland sollen ab einer 7-Tage-Inzidenz von mehr als 100 Öffnungen zurückgenommen werden. Zum Beispiel könnten Ausgangsbeschränkungen oder verschärfte Kontaktbeschränkungen eingeführt werden. Dieser Wert ist vielerorts bereits überschritten, der Umgang damit ist unterschiedlich.

In der Schweiz hat der Bundesrat am vergangenen Freitag Richtwerte für weitere Verschärfungen bekannt gegeben. Zentral dabei: Die 14-Tage-Inzidenz soll 350 nicht überschreiten, momentan liegt diese Zahl bei 228. Nur der R-Wert überschreitet momentan mit 1,17 minimal die Vorgabe (1,15). Diese Richtwerte sind aber kein Automatismus, vor allem der Stand der Impfungen könnte allfällige Massnahmen stark beeinflussen.

Kann man noch reisen?

Mallorca war in den letzten Tagen ein beliebtes Ziel für Deutsche und Schweizer. Mittlerweile hat die Insel wegen steigender Corona-Zahlen aber die Innenräume von Gaststätten geschlossen. Deutsche sollen zwar weiterhin nach Mallorca reisen können, Bund und Länder appellieren aber an die Fluggesellschaften, keine zusätzlichen Flüge mehr für die Osterferien anzubieten. Zudem soll für alle Flüge aus dem Ausland nach Deutschland eine generelle Covid-Testpflicht vor dem Abflug eingeführt werden. Einreisen kann also nur noch, wer ein negatives Testresultat vorweist.

Tourismus im Inland wird für Deutsche in den Osterferien nicht möglich sein. Hotels und andere Beherbergungsbetriebe sollen für Touristen geschlossen bleiben, gegen den Willen einiger Bundesländer, die ein «kontaktarmes Reisen» ermöglichen wollten.

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Auch Schweizer fliegen momentan nach Mallorca, die Swiss hat ihr Angebot für Ostern deutlich ausgebaut. Sechs Schweizer Touristen wurden laut Nau.ch wegen eines Verstosses gegen die Corona-Regeln angezeigt.

In der Schweiz sind die meisten Hotels mit Schutzkonzepten weiterhin offen. Vor allem das Tessin macht sich bereit für die Osterferien, Regierung und Tourismusverband werben um Gäste. In Städten wie Ascona und Lugano wird am Osterwochenende eine generelle Maskenpflicht gelten.

Deutsche Gäste erwartet man in der Schweiz aber nicht viele, wie der «Blick» berichtet. Hotels im Tessin hätten fast nur Buchungen aus der Schweiz. «Wir haben für unsere deutschen Gäste alle Reisen in die Schweiz bis einschliesslich 14. April abgesagt», sagt etwa eine Sprecherin von Tui Deutschland gegenüber der Zeitung. 

Wo stehen die Länder mit den Impfungen?

Hier sind die Zahlen vergleichbar: In Deutschland sind 4,1 Prozent der Gesamtbevölkerung vollständig geimpft, 5,1 Prozent haben die erste Dosis erhalten. In der Schweiz sind 5,4 Prozent vollständig geimpft, 3,7 Prozent einfach.

In der Schweiz sind seit Montag drei Impfstoffe zugelassen: jene von Moderna und Pfizer/Biontech, die bereits verimpft werden, sowie von Johnson & Johnson, von dem die Schweiz keine Dosen bestellt hat.

Dieser Mann erhält im Bundesland Bayern die Impfung von Astrazeneca.
Dieser Mann erhält im Bundesland Bayern die Impfung von Astrazeneca.
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In Deutschland ist wie in der ganzen EU zusätzlich zu diesen drei Impfstoffen jener von Astrazeneca zugelassen. Dieser bleibt nach den Ereignissen der vergangenen Wochen jedoch umstritten. So seien in Berlin viele Termine für eine Verabreichung des Astrazeneca-Vakzins frei, wie die «Tageszeitung» berichtet.

Testen, testen, testen

Die Schweiz und Deutschland haben in den vergangenen Wochen eine Testoffensive gestartet, das Testvolumen steigt. Die Positivitätsrate liegt in der Schweiz im 7-Tage-Schnitt allerdings mit 5,2 Prozent immer noch über dem Ziel von 5 Prozent. In Deutschland waren letzte Woche 6,77 Prozent der durchgeführten Tests positiv.

Harter Lockdown kein Thema in der Schweiz

Einen ähnlichen Lockdown wie in Deutschland wollen Politiker in der Schweiz nicht, wie «20 Minuten» berichtet. Das könne man der Bevölkerung nicht mehr antun, sagt etwa GLP-Nationalrat Martin Bäumle. Wichtig sei, dass jeder Haushalt über Ostern mehrere Tests zur Verfügung habe. Auch Mitte-Nationalrätin Ruth Humbel sieht wegen der «Corona-Müdigkeit in der Bevölkerung» keinen Sinn in einer Ausgangssperre.

Ein Tessiner Infektiologe ist ebenfalls der Meinung, dass ein harter Lockdown für die Schweiz momentan nicht in Frage komme. Er hat aber Bedenken, dass sich die Touristen im Tessin verantwortungsvoll verhalten werden. Man müsse die Situation auf jeden Fall im Auge behalten.