Wetter-Phänomen Weisses Zürich – wenn Staub statt Schnee vom Himmel fällt

Von Julia Käser

23.1.2020

Industrieschnee sieht aus wie echter Schnee – ist aber keiner.
Industrieschnee sieht aus wie echter Schnee – ist aber keiner.
Bild: Keystone

Trotz weisser Flocken hat es vorhin in Zürich nicht etwa geschneit. Was aussieht wie Schnee, ist das Ergebnis verschiedenster Phänomene. Eine Expertin erklärt's.

Winzige Flöckchen zierten am Donnerstag in der Früh den Velosattel unserer «Bluewin»-Redaktorin. Ein zarter weisser Flaum bedeckte die eisigen Strassen. Der langersehnte Schnee? Fehlalarm.

Tatsächlich handelt es sich um sogenannten Industrieschnee – ein Wetterphänomen, über das bereits «20 Minuten» berichtete. «Bluewin» hat bei MeteoSchweiz, dem Bundesamt für Meteorologie, nachgefragt, was es mit diesem falschen Schnee auf sich hat.

Staubpartikel und Wassertröpfchen

«Damit Industrieschnee entstehen kann, müssen diverse Bedingungen erfüllt sein», erklärt Meteorologin Melanie Flubacher. Zuerst einmal sei eine austauscharme, frostige und stabile Hochdruckwetterlage nötig. Auch müsse die Luftfeuchtigkeit so hoch sein, dass sich eine beträchtliche Hochnebeldecke bilde.

Schliesslich müssten sich Kondensationskeime – zum Beispiel feinste Staubteilchen – in der Luft befinden. «Die unterkühlten Wassertröpfchen lagern sich dann an diese Staubpartikel an – und frieren mit ebendiesen zusammen. Weil die Falldauer zum Boden nur kurz und die Luft unterkühlt ist, können sich die Tröpfchen nicht mehr verflüssigen», so Flubacher. Das Ergebnis: schneeartige Flöckchen, die für einige Zeit auf dem Boden liegen bleiben.

Besonders viel Industrieschnee in diesem Winter?

Ein Blick in die Twitter-Timeline zeigt: Der Industrieschneefall in Zürich ist kein Einzelfall in letzter Zeit. Etliche Posts und Bilder von Usern aus der Schweiz und Deutschland sind dem Wetterphänomen gewidmet.



Wie oft Industrieschnee tatsächlich auftritt, ist schwierig zu sagen. Dazu gebe es nur wenige Daten, sagt Flubacher. «Von der Tendenz her würde ich aber davon ausgehen, dass er seltener wird. So weist die Luft heute eher weniger Verunreinigungen auf als früher.» Auch eine zweite wichtige Bedingung – die eindeutigen Minustemperaturen – würde heutzutage aufgrund der Erderwärmung weniger häufig erreicht.

Dass es in diesem Winter regelmässig zu Industrieschneefällen kam, führt Flubacher auf die wiederholt auftretenden längeren Hochdruckphasen zurück, die diesen Winter bis anhin prägten.

«Sie haben zur Folge, dass weniger Luftaustausch stattfindet, und sich so wiederum mehr Staubpartikel ansammeln können.»

Bilder des Tages

Zurück zur Startseite