Parlament ist sich einigWer sich trotz Verbot verhüllt, soll bis zu 1000 Franken Busse zahlen
SDA, gbi
20.9.2023 - 15:42
Verstösse gegen das neue schweizweite Verhüllungsverbot sollen mit bis zu tausend Franken gebüsst werden: Darauf hat sich das Parlament geeinigt. Es sieht aber Ausnahmen vor.
Keystone-SDA, SDA, gbi
20.09.2023, 15:42
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Nach dem Ständerat hat am Mittwoch auch der Nationalrat die Umsetzung des nationalen Verhüllungsverbots beraten.
Zu den zentralen Punkten zählen Bussen bis zu 1000 Franken bei Verstössen.
Das neue Verbot betrifft nicht nur religiöse Gesichtsschleier, sondern auch vermummte Hooligans oder Demonstrierende.
Das Parlament sieht aber Ausnahmen vor, in denen es legal bleiben soll, das Gesicht zu verhüllen.
Das Verbot ist Folge der Burka-Initiative, die das Stimmvolk im Frühling 2021 mit 51,2 Prozent Ja-Stimmen angenommen hatte.
Das Parlament will Bussen von bis zu tausend Franken für Verstösse gegen das nationale Verhüllungsverbot. Als Zweitrat hat am Mittwoch auch der Nationalrat dem Bundesgesetz zur Umsetzung der sogenannten Burka-Initiative zugestimmt.
In der Gesamtabstimmung nahm die grosse Kammer die Vorlage mit 151 zu 29 Stimmen bei sechs Enthaltungen an. Das Geschäft ist damit bereit für die Schlussabstimmung.
Volk und Stände hatten die Burka-Initiative (offizieller Name: Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot») im März 2021 knapp gutgeheissen, mit 51,2 Prozent Ja-Anteil.
Gelten soll das Verhüllungsverbot gemäss Bundesrats-Entwurf an öffentlich zugänglichen Orten. Das Gesetz betrifft nicht nur religiöse Gesichtsschleier, sondern etwa auch Hooligans oder gewalttätige Demonstrierende, die sich vermummen. Es sind aber Ausnahmen.
Ausnahme für Gotteshäuser und die Fasnacht
Erlaubt bleiben soll die Verhüllung des Gesichts etwa in Gotteshäusern, an der Fasnacht oder zum Gesundheitsschutz. Behörden können Verhüllungen ausserdem an Demonstrationen bewilligen, wenn diese zur Ausübung der Grundrechte der Meinungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit notwendig sind. Die Landesregierung hatte auch die Bussen-Obergrenze von tausend Franken vorgeschlagen.
Der Ständerat hatte der Vorlage in der Sommersession mit 36 zu 8 Stimmen zugestimmt, ohne Änderungen vorzunehmen.
Diskussionen um kantonale oder nationaler Regelung
Im Nationalrat gab es am Mittwoch einige Diskussionen: Eine Minderheit der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats (SPK-N) beantragte, gar nicht auf das Geschäft einzutreten. Sie argumentierte, dass es sich beim Verhüllungsverbot um eine Frage der Ordnung im öffentlichen Raum handle. Dafür seien die Kantone zuständig. Doch sie wurde überstimmt.
Mit derselben Begründung hatte sich auch die vorberatende Ständeratskommission ursprünglich gegen ein Eintreten gestellt, war aber im Plenum überstimmt worden.
Bei 26 unterschiedlichen kantonalen Regelungen wäre vor allem für Tourist*innen unklar, was denn konkret gelte, sagte Michaël Buffat im Nationalrat (SVP/VD) im Namen der Kommissionsmehrheit. Und der Bund habe die Kompetenz, im Bereich des Strafrechts Gesetze zu erlassen.
Marianne Binder-Keller (Mitte/AG) betonte als zweite Kommissionssprecherin, eine Regelung auf Bundesebene werde auch von den Kantonen gewünscht.
Greta Gysin (Grüne/TI) betonte im Namen der Minderheit, es gehe nicht um eine inhaltliche Diskussion, der Volkswille solle umgesetzt werden. Mit einer Lösung auf Bundesebene drohe aber eine Aushöhlung des Föderalismus.
Walter Wobmann (SVP/SO) nahm ihr das nicht ab: «Nicht eintreten heisst nichts machen». Wobmann ist Präsident des Egerkinger Komitees, das hinter der Initiative steht. Hätte sein Komitee kantonale Lösungen gewollt, hätte es kantonale Initiativen eingereicht.
Der Rat lehnte den Nichteintretensantrag schliesslich mit 135 zu 32 Stimmen bei zwei Enthaltungen ab. Unterstützung erhielt Gysin von ihrer Fraktion und einzelnen Freisinnigen. Die SP-Fraktion stimmte fast geschlossen für Eintreten.
Keine tiefere Obergrenze
Wie schon der Ständerat hatte auch der Nationalrat über eine Reihe von Änderungsanträgen zu befinden. Eine SVP-Minderheit wollte die Ausnahmebestimmungen zu Demonstrationen aus dem Gesetz streichen, fand aber dafür keine Mehrheit.
Ebenso lehnte der Nationalrat die Forderung von Vertreterinnen und Vertretern von Grünen, SP und GLP ab, zusätzliche Ausnahmen zuzulassen, wenn achtenswerte Gründe für eine Unkenntlichmachung vorliegen.
Dabei geht es laut den Befürworter*innen einer Ausweitung um Fälle, in welchen jemand bei einer Demonstration zum Schutz seiner Persönlichkeit anonym bleiben möchte – etwa Opfer häuslicher Gewalt, die auf Kundgebungen von ihren Erfahrungen berichten. Die Kommissionsmehrheit war der Ansicht, dem Anliegen werde auch ohne den zusätzlichen Absatz bereits Rechnung getragen. Verworfen wurde schliesslich ein Antrag, die maximale Busse auf 200 Franken zu begrenzen.
Bereits heute kennen nach Angaben des Bundes 15 Kantone Vermummungsverbote. Diese kantonalen Gesetze werden bei Inkraftsetzung des Bundesgesetzes übersteuert.
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