Schlupfloch im SystemWie Fake-Päcklidiebe zuschlagen
Jenny Keller
16.7.2024
Die Paketdiebstähle in der Schweiz nehmen zu. Betrüger*innen nutzen diese Situation geschickt aus: Sie melden ihre erhaltenen Pakete als gestohlen, um nicht zahlen zu müssen.
Jenny Keller
16.07.2024, 20:42
Jenny Keller
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Die Zahl der Paketdiebstähle in der Schweiz nimmt kontinuierlich zu, mit einem deutlichen Anstieg im Jahr 2023.
Eine gängige Betrugsmasche besteht darin, Pakete als gestohlen zu melden, obwohl sie eigentlich zugestellt wurden.
Onlinehändler wie Galaxus und Zalando sind sich dieser Methode bewusst und haben Sicherheitsmassnahmen implementiert, aber die Masche funktioniert weiterhin.
Eine vorgeschlagene Gesetzesänderung könnte die Haftung für Pakete bis zur Lieferung auf die Versandhändler übertragen, was die Betrugsmasche begünstigen könnte.
Die Schweiz erlebt einen deutlichen Anstieg von Diebstählen, insbesondere von Paketen, die vor Haustüren abgestellt werden. Im Jahr 2023 wurden 24'252 Ladendiebstähle registriert, was einem Anstieg von 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Die Axa-Versicherung berichtete, dass sich die Zahl der Paketdiebstähle seit 2019 verdreifacht hat.
Laut «Blick» wird dabei eine Betrugsmasche, die sich diese Situation zunutze macht, immer populärer: Kund*innen behaupten, ihre Pakete seien gestohlen worden, obwohl sie diese tatsächlich erhalten haben. Dadurch übernimmt die Lieferant*in die Kosten und die Kund*in muss nicht zahlen.
Onlinehändler mit grösseren Verlusten
Der Onlinehändler Galaxus ist sich dieser Masche bewusst und hat verschiedene Sicherheitsmassnahmen implementiert, um solche betrügerischen Aktivitäten zu erkennen und zu verhindern. Dennoch will sich das Unternehmen nicht zu den spezifischen Methoden äussern. Auch Zalando schweigt über die Häufigkeit solcher Vorfälle, obwohl bekannt ist, dass der Trick wiederholt funktioniert.
Offizielle Zahlen zur Verbreitung dieser Betrugsmasche gibt es nicht, aber Digitec Galaxus meldete 2022 gegenüber SRF, dass 0,2 bis 0,3 Prozent ihrer Pakete verloren gehen oder gestohlen werden – fast doppelt so viele wie bei der Post, der im gleichen Jahr etwa 200'000 Pakete verloren gingen.
Dies könnte sowohl auf die Beliebtheit bei Dieb*innen als auch auf die Fake-Päcklidieb*innen zurückzuführen sein.
Versandhandel haftet länger
Die Grünen-Nationalrätin Sophie Michaud Gigon hat einen Vorstoss eingereicht, um die Haftungsregelungen im Schweizer Versandhandel zu ändern und an die EU-Vorgaben anzupassen.
Diese Änderung würde bedeuten, dass der Versandhandel bis zur Zustellung der Pakete haften muss. Das könnte einerseits tatsächliche Diebstahlopfer besser schützen, andererseits das Vorgehen der Fake-Päcklidieb*innen sogar erleichtern.
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