Medizin Wie Krebszellen durch einen "Winterschlaf" der Therapie entkommen

SDA

2.11.2017 - 12:32

Bern

Einzelne Krebszellen können eine Chemotherapie überstehen, weil sie in eine Art "Winterschlaf" verfallen. Das zeigt eine Studie der Universität Bern. Die Forschenden weisen auch gleich auf Möglichkeiten hin, diese "Schläfer" bei bestimmten Krebsarten auszumerzen.

Chemotherapien nutzen meist die Tatsache aus, dass sich Tumorzellen sehr rasch wachsen und vermehren. Einzelne Krebszellen fallen aber offenbar in eine Art Ruhezustand und entkommen so der Therapie, wie Forschende um Sven Rottenberg von der Uni Bern berichten. Nach der Behandlung erwachen diese Zellen wieder und vermehren sich erneut - der Tumor kehrt zurück.

Oft sprechen diese wiederkehrenden Tumore auf die gleiche Medikation an, sind also nicht wirklich resistent. Man spreche bei diesen Krebszellen daher von "Medikamenten-toleranten Zellen", wie Rottenberg gemäss einer Mitteilung seiner Hochschule vom Donnerstag erklärt.

Schwachstelle der "Schläferzellen"

Gemeinsam mit internationalen Kollegen hat sein Team zudem in Versuchen mit Mäusen ermittelt, wie man diese "Schläferzellen" ausmerzen könnte. Vorausgesetzt, diese Zellen haben eine bestimmte Schwachstelle: einen Defekt im zelleigenen DNA-Reparatursystem, durch den sie Schäden an ihrem Erbgut nicht mehr richtig korrigieren können. Solche Defekte kommen oft bei Tumoren der Brust, der Eierstöcke oder der Prostata vor.

Das lässt sich für den Angriff gegen die ruhenden Krebszellen ausnutzen: "DNA-reparatur-defekte Schläferzellen sprechen auf bestimmte Stoffe an, welche die DNA schädigen", erklärte Rottenberg. Diese Stoffe treffen zwar auch gesunde Zellen, diese können die Schäden aber dank ihres funktionierenden DNA-Reparatursystems beheben - anders als die Tumorzellen.

Im Tierversuch seien insbesondere sogenannte "DNA-Crosslinker" effektiv gewesen, berichten die Forscher im Fachblatt "Clinical Cancer Research". Diese "verkleben" quasi die DNA-Stränge und stören so den DNA-Kopiervorgang während der Zellteilung. Diese Stoffe sind zwar schon lange auf dem Markt, werden aber bisher nicht speziell für Krebsarten mit dieser Art von Defekten eingesetzt.

Starke Nebenwirkungen

Der Nachteil dieser Medikamente seien die starken Nebenwirkungen, hiess es in der Mitteilung. Darunter beispielsweise Schädigungen am Knochenmark. Bei bestimmten Fällen könnten diese Nebenwirkungen jedoch durch eine Stammzelltransplantation ausgeglichen werden, ähnlich wie bei Leukämie.

"Erste klinische Versuche in den Niederlanden haben gezeigt, dass einige Brustkrebspatientinnen mit metastasiertem Brustkrebs tatsächlich durch eine solche intensivierte Chemotherapie geheilt werden konnten", sagte Rottenberg.

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